Mittwoch, 15. November 2023

FWD - Newsletter Unerhörte Musik | 2023 | Nr. 19

 


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NEWSLETTER 2023 | Nr. 19
14. und 21. November


Why do so many uf us try to explain the beauty of music,
thus depriving it of its mystery?
"
(
Leonard Bernstein)


Liebe Interessierte,

der russische Gitarrist Alexy Potapov verließ sein Heimatland nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine, weil er die russische Aggression verurteilte und mit der Politik des russischen Staates nicht einverstanden war.

Er setzte sein Gitarrenstudium in Köln fort und lebt nun in Bern.

Im kommenden Unerhörte-Musik -Konzert am Dienstag, 14. November spielt er ausschließlich Werke für E-Gitarre (ergänzt durch Live-Elektronik | Tape | Video) unter dem Titel 


Favourite Fake.

Neben dem legendären (dem Klang der Rock-Gitarren-Soli von Carlos Santana und Eric Clapton angelehnten) Klassiker „Vampyr“ von Tristan Murail kommen Werke jüngerer Komponisten, Rebecca Saunders, Karlheinz Essl, DARP DUO, Alexandra FilonenkoUA, Dai Fujikura und Dmitry Remezov für E-Gitarre und Elektronik zur Aufführung. 
Favourite Fake spiegelt die heutige Realität vollständig wider und vereint die Stimmungen der aktuellen Stücke.“


 

… und wie immer zusätzlich als Livestream um 20:10 Uhr (klicken Sie hier):
https://youtube.com/live/IwirD2UHUtQ

 


Die Akkordeonistin Eva Zöllner zählt mit immer neuen, spannenden Programmen zu den Stammgästen in unserer Reihe.

Gemeinsam mit Alexandra Cárdenas, Klangregie & Live-Coding
präsentiert sie am Dienstag, 21. November


voces, señales 

„… zeitgenössische Akkordeonmusik aus Kolumbien, die jüngst auf CD veröffentlicht wurde.
Die Vielfalt der Stücke reflektiert die Facetten der aktuellen Musik in Kolumbien, die in Europa bislang selten zu hören ist.
Diese 
Stimmen und Zeichen aus der Ferne treten in Dialog mit Werken von Komponist:innen aus Berlin und zeigen verschiedene Perspektiven auf das Akkordeon als zeitgenössisches Instrument und im Zusammenspiel mit elektronischen Medien.“

Auf dem Programm stehen Werke von Alexandra Cárdenas UA, Carolina Noguera, Martin Daske, Jorge Gregorio García Moncada, Natalia ValenciaAna Maria Romano, Daniel Leguizamón und Carlos Andres Rico.

 

… und wie immer zusätzlich als Livestream um 20:10 Uhr (klicken Sie hier):
https://youtube.com/live/t-EvcipKUTg


Dienstag, 14. November 2023 | 20:00 Uhr

Favorite Fake.

LIVE-STREAM:    https://youtube.com/live/IwirD2UHUtQ

Alexy Potapov, E-Gitarre

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Favourite Fake.


 

Rebecca Saunders

Etude für Zwei Metall Bottle Necks (2018)
für E-Gitarre solo

 

Das Stück wurde 2018 für die Darmstädter Ferienkurse geschrieben. Gewidmet Yaron Deutsch und Adrian Pereira.
Rebecca Saunders' bisher einziges Solo für E-Gitarre ist ein schönes Beispiel für ihre häufige Verwendung von Gitarrenflaschenhälsen, die sich auf natürliche Weise in ihre musikalische Sprache aus transformierenden Hölzern, wechselnden Texturen und großem gestischem Ausdruck einfügen.
(Yaron Deutsch)

Rebecca Saunders studierte Violine und Komposition an der Universität Edinburgh. Danach absolvierte sie von 1991 bis 1994 ein Kompositionsstudium an der Hochschule für Musik Karlsruhe bei Wolfgang Rihm mit einem Stipendium des DAAD. 1997 erfolgte die Promotion im Fach Komposition bei Nigel Osborne.
Ihre Musik wird von renommierten Ensembles, Solisten und Orchestern gespielt, darunter Ensemble Musikfabrik, Klangforum Wien, Ensemble Modern, Arditti Quartett, Ensemble Resonanz und die Sinfonieorchester von SWR, WDR und BBC.
Für ihre Kompositionen hat Rebecca Saunders zahlreiche Preise erhalten, darunter den Ernst von Siemens Musikpreis 2019, den BMW musica viva-Preis, den Paul-Hindemith-Preis, den Mauricio-Kagel-Musikpreis der Kulturstiftung NRW, sowie mehrere Royal Philharmonic Society und BASCA British Composer Awards. Rebecca Saunders hat eine Professur an der HMTM Hannover inne und unterrichtet u. a. seit 2000 bei den Darmstädter Ferienkursen.
Rebecca Saunders lebt als freischaffende Komponistin in Berlin und ist Mitglied der bayerischen Akademie der schönen Künste sowie der Akademien der Künste in Berlin und Dresden.

 

Tristan Murail

Vampyr! (1984)
für E-Gitarre solo

 

Im Vorwort zu Vampyr! schreibt Tristan Murail: „Der Klang, nach dem wir suchen, ist der Klang der Gitarren-Soli von Carlos Santana, Eric Clapton, usw.“ Dann lesen wir fett gedruckt und mit einem Ausrufezeichen: „Der Musiker muss die ganze Energie der Rockmusik in seine Interpretation von Vampyr leiten“.
Vampyr! ist Teil von „Random Access Memory“, einem Zyklus von Stücken, die Rock und klassische Musik in Einklang bringen sollen. Murail wollte eine Reihe hoch idiomatischer Klangfarbenstudien erstellen. Laut dem Komponisten hat das Stück einen Klang, „für den E-Gitarren geschaffen wurden“; der typische verzerrte Rocksound. Hinsichtlich der tonalen Struktur hat Vampir! keinen Bezug zur Spektralmusik, obwohl andere Parameter, wie die Entwicklung des Tonumfangs, einen Zusammenhang mit Murails Denken haben.
Der recht auffällige Titel bezieht sich wie andere Titel des Zyklus auf Horror- und B-Movie-Science-Fiction. Dieses Thema ist im gesättigten Gitarrensound und dem häufigen und hysterischen Einsatz von Tremolo deutlich erkennbar. (Anthony Fiumara)

Tristan Murail, geboren 1947, gehört zu den einflussreichsten Gegenwarts-Komponisten aus Frankreich. Er war Schüler von Olivier Messiaen, 1971 gewann er den Rompreis. Beim anschließenden Aufenthalt in der Villa Massimo war vor allem die Begegnung mit Giacinto Scelsi wichtig für ihn. Ab den 1980er Jahren widmete sich Murail der Erforschung und dann auch Generierung des Klangs mit Hilfe des Computers. Zusammen mit Gérard Grisey und Hugues Dufourt gilt er als Repräsentant der musique spectrale, der es weniger um konstruktive Prinzipien (wie sie die serielle Musik vor allem der Nachkriegsjahre dominierten) als um die Hörerfahrung des Rezipienten als Ausgangspunkt des Komponierens geht. Das Spektrum des einzelnen Klangs wird in allen Facetten untersucht, auch mit den Mitteln der Elektronik; aus dieser Analyse entsteht die wiederum vom Klang her gedachte Musik. Durch seine Tätigkeit als Professor für Komposition am Pariser IRCAM (1991–1997) und an der New Yorker Columbia University (1997–2011) hat Tristan Murail viele jüngere Komponisten geprägt.

 

Karlheinz Essl

Sequitur VIII (2008)
für E-Gitarre und Live-Elektronik

 

Nachdem ich als rockbesessener Teenager die E-Gitarre gespielt hatte, entdeckte ich sie 25 Jahre später wieder. Mittlerweile studierte ich Komposition und Musikwissenschaft und beschäftigte mich intensiv mit elektronischer und Computermusik. Als Komponist, der komplexe Partituren schrieb, verspürte ich immer mehr den Wunsch, mich wieder mit diesen ekstatischen Zeiten zu verbinden, als ich mit meiner E-Gitarre auf der Bühne stand.
Im Jahr 2007 veränderte sich meine musikalische Einstellung völlig. Da es mir nicht in erster Linie darum ging, diese kraftvollen Rock-Klischees neu zu adaptieren, versuchte ich, einen neuen Blick auf die E-Gitarre zu entwickeln. Zunächst beschloss ich, überhaupt kein Plektrum zu verwenden und eine persönliche Fingerpicking-Technik zu entwickeln, die mehrere Elemente einbezieht, die ich beim Kontrabassspiel verwendete. Dann entdeckte ich die Möglichkeiten eines E-Bogens, der einen wunderbaren Ersatz für den Standardbogen darstellt. Später lernte ich die Klopftechnik und die Verwendung eines Lautstärkepedals kennen, um die Hüllkurve des Klangs zu formen.
Mit diesen Erfolgen schrieb ich Anfang 2008 im Rahmen meines Sequitur-Projekts ein Stück für E-Gitarre und Live-Elektronik. Dieser Zyklus bezieht sich absichtlich auf die berühmte „Sequenze“ von Luciano Berio und ist ein Versuch, eine Reihe von Stücken zu schreiben, die sich die eigenwilligen instrumentalen Möglichkeiten zunutze machen. (Karlheinz Essl)

Karlheinz Essl wurde 1960 geboren und ist Komponist, Elektronikmusiker, Medienkünstler und Software-Designer. Er studierte Komposition bei Friedrich Cerha und Musikwissenschaften in Wien und war Composer-in-Residence bei den Darmstädter Ferienkursen sowie am IRCAM in Paris. Seit 2007 hat er eine Professur für Elektroakustische Komposition an der Musikuniversität Wien inne. Essl entwickelt neben Instrumentalwerken und Kompositionen mit Live-Elektronik auch generative Kompositionssoftware, Improvisationskonzepte, Klanginstallationen und Performances. Er hat mit Künstlern wie Harald Naegeli („Sprayer von Zürich“) und Jonathan Meese, den Schriftstellern Andreas Okopenko und Erwin Uhrmann sowie der Choreographin Andrea Nagl zusammengearbeitet.

 

 

DARP-Duo

Improvisation (2023)
für E-Gitarre und Elektronik mit Dmitry Remezov

 

Ein elektroakustisches Projekt von zwei Musikern mit einem Hintergrund von professioneller Avantgarde-Musik. Die Kombination von E-Gitarre und Live-Elektronik sowie der Beginn der Improvisation gibt Impulse für die Kreation neuer elektronischer Musik von Dark Ambient bis Free Improv. Das Duo ist in Köln ansässig. Teilnehmer des Festivals „Sommerwerft“ (Frankfurt am Main, 2023)


 

Alexandra Filonenko

Aurora
 (2019)
für E-Gitarre und fixed media UA

 

Das Stück wurde 2018 in Zusammenarbeit mit dem israelischen Gitarristen Dennis Sobolev geschrieben. Es wurde jedoch nicht gespielt. Im Jahr 2023 wurde zusammen mit Alexey Potapov eine Fassung erstellt, die heute aufgeführt wird. Die zentralen Aspekte von Aurora sind Spektralität und diskrete Arbeit mit dem Klang.

Alexandra Filonenko schloss Ihr Hauptstudium und Aufbaustudium Komposition bei Edison Denisov und Wladimir Tarnopolski in Moskauer Konservatorium P.I. Tchaikovsky ab. Sie war Stipendiatin Akademie der Künste Berlin, Schloss Solitude, Casa Baldi (Italien), Künstlerhaus Schreyahn, Musikakademie Rheinsberg. Preisträgerin beim Kompositionswettbewerbers Händelfestspiele, „Arbeiten mit Arditti“, Deutsche Oper Berlin, Zeitgenössische Oper Berlin, Young Euro Classik, Berliner Kompositionspreis Rheinsberg (2018). Ihre Werke waren aufgeführt mit Ensemble Ascolta, Ensemble Aleph, Kairos Quartett, Arditti Quartett, Neue Vokalsolisten, Solisten der Deutsche Oper Berlin, Studio Neue Musik (Moskau), Maulwerker, KNM (Berlin), Solisten des Musica Aeterna Chor, Musikkollegium Winterthur unter der Leitung von Thomas Zehetmair, Ilja Gringoltz, Daniel Gloger, Natalia Pschenitchnikova, Konstantin Manaev, Viktoria Vitrenko u.a. Im Jahr 2016 erschien Ihr erste CD "Nackt" und in 2018 Oper "NOUMEN". Im Januar kam die Aufführung des Musiktheaterstück "Ein Geschäft mit Träumen" in Tischlerein / an Deutsche Oper Berlin. Im 2021 Alexandra Filonenko ist Preisträgerin des Projekt "Russische Musik 2.1" des Aksjonov Foundation mit dem Stück "MEMORY CODE". Alexandra Filonenko ist freischaffende Komponistin und lebt in Berlin.

 

Dai Fujikura

Sparking Orbit
 (2013)
für E-Gitarre und fixed media

 

Sparking Orbit für E-Gitarre und Elektronik ist ein einzigartiges Stück, nicht nur wegen seiner musikalischen Materialien, sondern auch wegen seiner Formbarkeit. Das Originalstück wurde geschrieben, um mit in Echtzeit verarbeiteter Live-Elektronik gespielt zu werden, die aus dem E-Gitarren-Part generiert wurde. Später hat Dai Fujikura eine Version für E-Gitarre mit festen Medien gemacht. Die gesamte Bearbeitung in der Originalfassung wurde vom Komponisten selbst für die neue Aufnahme akribisch abgemischt. Der Akt der Aufführung des Stücks mit festen Medien ist transformativ. Besonders hervorzuheben sind drei neue Abschnitte im weitläufigen Schlussabschnitt. Sie werden ermöglicht durch die Befreiung des Live-Performers von den Zwängen, konstantes Material in die Verarbeitung einzuspeisen. Während ein Großteil des Gitarrenmaterials in beiden Versionen von Sparking Orbit kristallin und luftig ist, sind diese neu hinzugefügten Passagen im letzten Abschnitt des Stücks erdiger, solistischer und weisen konkreter in Richtung einer Rockgitarrenästhetik. Auf diese Weise ist die Fixed-Media-Version von Sparking Orbit in der Lage, einen erweiterten expressiven Bogen über seinen Vorgänger zu erreichen, der eine Entwicklung von ätherisch zu kathartisch über die Struktur des Stücks verfolgt. (Daniel Lippel, Gitarrist)

Dai Fujikuras Werk umfasst Oper, Orchesterwerke, Ensemblestücke, Kammermusik und Filmmusik. Geboren 1977 in Osaka, Japan, zog er im Alter von 15 Jahren nach Großbritannien, um die Sekundarstufe zu beenden. Im zweiten Jahr seines Studiums gewann er als jüngster Komponist die Serocki International Composers Competition. Seitdem wurden ihm viele weitere wichtige Preise verliehen, darunter der Ivor Novello Award, der Royal Philharmonic Society Award, der Otaka-Preis, der Akutagawa Award for Music Composition, der WIRED Audi Innovation Award, der Paul Hindemith Prize und der Silver Lion der Biennale in Venedig.

 

Dmitry Remezov

Fear and Lies / Your Favourite Fake
 (2023)
für E-Gitarre, Vocoder, Elektronik und Video

 

Das Stück ist eine Art Reaktion darauf, wie unmenschlich Propaganda sein kann. Die Idee hinter dem Stück ist es, die verheerenden Auswirkungen der Propaganda zu zeigen. Die Hauptbotschaft des Stücks ist der Anruf, jede militärische Aktion zu stoppen. Das Stück wurde für Alexey Potapov geschrieben.

Dmitry Remezov ist Komponist, Produzent und Performer elektronischer Musik. Er lebt und arbeitet derzeit in Köln. Er ist Mitbegründer des experimentellen Ensembles unfeed format (Köln), Leiter und Mitbegründer des visionären KYMATIC-Ensembles (Moskau) und Gründer des führenden Ensembles für zeitgenössische Musik des Urals InterText (Jekaterinburg). Er hat mehr als 40 Werke erschaffen, die die Grenzen zwischen Musik, Video und Performancekunst aufheben. Er studierte bei Michael Beil, einem der prominentesten Komponisten der europäischen Multimedia-Kunstszene und ist Absolvent des Ural-Moussorgsky-Konservatoriums im Fach Komposition.

Alexy Potapov ist ein elektrischer und klassischer Gitarrist. Er ist in Wolgograd (Russland), geboren und aufgewachsen.

Den größten Teil seines Lebens verbrachte er in Moskau (Russland). Nach seinem Abschluss als klassischer Gitarrist an der Russischen Gnesin-Musikakademie und am Moskauer Staatlichen P.I.Tschaikowsky-Konservatorium begann er hauptsächlich zeitgenössische Musik zu spielen.

Mit dem Ausbruch des Russisch-Ukrainischen Krieges verließ er sein Heimatland, weil er die russische Aggression verurteilte und mit der Politik des russischen Staates nicht einverstanden war. Nach seinem Umzug nach Deutschland begann er seinen zweiten Master an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden (Deutschland). Jetzt wohnt er in Bern (Schweiz), wo er sein Studium abschließt.

Als Solist und Teilnehmer arbeitet er mit den führenden Ensembles und Orchestern für Neue Musik zusammen: „Ensemble Modern“ (Frankfurt am Main), „Ensemble Courage“ (Dresden), Dresdner Staatskapelle (Dresden), Kymatic (Berlin), „Studio für Neue Musik“ (Moskau), das Staatliche Akademische Symphonieorchester der Russischen Föderation „Jewgeni Fjodorowitsch Swetlanow“ (Moskau), das Tschaikowsky-Symphonieorchester (Moskau) u.a.

Freie Improvisation ist auch ein wesentlicher Bestandteil von Alexeys kreativem Leben. Heutzutage ist er ein Mitglied der freien Improvisationsbands: „DARP Duo“, „Die Internationale Volksmusik“.

Alexy ist Preisträger internationaler Wettbewerbe, Finalist des John Cage Award 2023 (Halberstadt), Teilnehmer verschiedener großer Festivals für zeitgenössische Musik: Darmstädter Ferienkurse 2023 (Darmstadt, Deutschland), Bludenzer Tage Zeitgemäßer Musik 2023 (Bludenz, Österreich), Sommerwerft 2023 (Frankfurt am Main, Deutschland), Re-Musik 2020, 2021 (Sankt Petersburg, Russland), Another Space 2020 (Moskau, Russland) und so weiter. Seine Konzerte fanden in verschiedenen Städten statt: Berlin, Köln, Frankfurt am Main, Dresden, Bern, Moskau, Sankt Petersburg, Jekaterinburg u.v.a.


Dienstag, 21. November 2023 | 20:00 Uhr

voces, señales …

LIVE-STREAM:   https://youtube.com/live/t-EvcipKUTg

Eva Zöllner, Akkordeon

Alexandra Cárdenas, Klangregie & Live-Coding

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voces, señales - zeitgenössische Musik aus Kolumbien


 

Jorge Gregorio García Moncada

Un amor, puro e incondicional...
 (2016)
für Akkordeon und Zuspielung

 

Jorge Garcia Moncada bezieht sich in seiner Komposition Un amor, puro e incondicional… auf ein historisches Ereignis am 9. April 1948, den sogenannten Bogotázo. Die Ermordung des Politikers Jorge Eliécer Gaitán stürzte Kolumbien in jahrzehntelange Gewalt. Erzählungen der Mutter des Komponisten über ihre Kindheitserlebnisse an diesem Tag bilden den Kern der Komposition. Das Akkordeon schafft eine Verbindung: „Als Kind hörte ich meiner Mutter zu, wie sie Walzer auf ihrem Akkordeon spielte.“ Von weit weg scheinen diese Akkordeonklänge durch und geben der Mutter eine musikalische Stimme. Man muss nicht unbedingt ihre Worte verstehen, um die emotionale Stärke des Stückes zu erkennen. „Es ist eine Einladung, sich von der Klangwelt, die sich um die Erzählung herum aufbaut, berühren zu lassen.“ Erinnerungskultur ist ein Thema, das sich durch das Werk Garcias zieht. Er beobachtet Kultur und Geschichte seines Landes sehr genau, um Inspiration für seine Musik zu finden. „Erinnerung, ob kollektiv oder individuell, ist ein wichtiges Werkzeug, das uns hilft, unsere Rolle in der heutigen Gesellschaft zu definieren“. 

Jorge Gregorio García Moncada (*1975) ist Komponist elektroakustischer Musik und Professor an der Universidad de Los Andes in Bogotá, wo er sich auf eine Vielzahl von Lehr- und Forschungsaktivitäten konzentriert. Er ist Gründer und Leiter des BLAST – Bogotá Los Andes Sound Theatre – eines Mehrkanal-Klangsystems für die Aufführung elektroakustischer und medienübergreifender Projekte, und Direktor des Musikfestivals SPECTRA. 


 

Carolina Noguera 

Canto del Ave Negra (2018)
für Akkordeon

 

Carolina Noguera spielt beim Komponieren mit Material aus traditioneller oder populärer Musik Kolumbiens und schreibt ihm neue Bedeutungen zu. Sie sucht hier nach einem Gefühl aus ihrer Kindheit: „Diese Art, sich beim Hören zu verlieren, ist das, was ich suche, ohne Unterschiede zwischen den Klängen oder Kulturen, ohne Konzept, ohne Worte und Werte. (…) Das Akkordeon ist eine ungeheuer mächtige Maschine. Es erzeugt die intensivsten, tiefsten und extravagantesten Klänge. Darauf zu hören hat mir geholfen, mich in den Zustand zu versetzen, den ich suche. Die direkte Assoziation zur Vallenato-Musik verschmilzt in einer faszinierenden Textur aus intensiver Trauer und psychedelischer Farbe. Canto del Ave Negra wurde von „El Mochuelo“, einem bekannten Lied des Vallenato inspiriert. Es handelt von einem gefangenen Vogel, dessen Gesang nostalgisch ist, weil er seine Freiheit verloren hat.“

Carolina Noguera Palau (*1978) ist Leiterin des Fachbereichs Komposition an der Musikabteilung der Pontificia Universidad Javeriana in Bogotá. Sie absolvierte einen Bachelor of Arts in Musikwissenschaften sowie Master-Abschluss und Doktor in Komposition an der Birmingham City University. Ihre Werke wurden in Europa, Nord- und Südamerika aufgeführt und sie wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet.


 

Natalia Valencia 

Brother (2022)
für Akkordeon

 

Natalia Valencia öffnet akustische Räume, denen sie auch eine gesellschaftliche Dimension zuschreibt: „Mein Interesse als Komponistin ist es, Räume und Erfahrungen zu schaffen, in denen Empathie durch Musik entsteht. (…) Kleine Gesten, die beim Zuhören einen Perspektivwechsel bewirken und zwischenmenschliche Verbindungen herstellen.“ Nicht zuletzt, wenn man in einem komplexen Land wie Kolumbien aufgewachsen ist, das eine gewalttätige und schmerzhafte Geschichte durchlebt hat, sehnt man sich nach mehr Menschlichkeit. Brother ist Natalia Valencias Bruder Pipe gewidmet, der eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielte. Es bezieht sich auch auf einen Baum in Toni Morrisons Roman Beloved, der Brother genannt wird und eine starke Metapher für Menschlichkeit darstellt.

Natalia Valencia Zuluaga (*1976) stammt aus Medellín, wo sie an der EAFIT-Universität Komposition studierte. Ihr kompositorisches Schaffen umfasst Musik für kleine und große Ensembles, Orchesterwerke, und elektroakustische Werke. Ausserdem hat sie für Video-, Theater-, und Tanzproduktionen gearbeitet. Ihre Werke wurden auf zahlreichen Festivals in Kolumbien, Lateinamerika und Europa aufgeführt und sie ist als Kuratorin in Radiosendungen und Podcasts aktiv.


 

Ana Maria Romano 

posdomingo 02.10.2016 (2017)
für Akkordeon und Zuspielung


 

Ana María Romano bezieht sich sehr konkret auf ein politisches Ereignis aus der jüngeren kolumbianischen Geschichte. posdomingo 02.10.2016 entstand am Tag nach dem knapp gescheiterten Referendum zum Friedensabkommen mit der FARC, der revolutionären Bewegung, 2016.

Die Komponistin war davon emotional sehr betroffen und reagierte mit einem Soundtrack, der unter anderem aus Aufnahmen besteht, die mit dem Ereignis in Zusammenhang stehen (Geräuschkulisse der Märsche, Interviews mit später ermordeten sozialen Führern) und schreibt dazu:
„Einige Materialien sind leicht zu erkennen und haben eine Bedeutung in Bezug auf den Anlass dieses Stückes. Andere scheinen aus dem Zusammenhang gerissen. Wenn sie miteinander verwoben werden, bringen sie Menschen, Räume, Geschichten, Orte in einen Dialog … in dem Wissen, dass meine ganze Geschichte von dieser anderen Geschichte durchzogen ist. (…) Ich interessiere mich für die politische Dimension von Kunst. Ich bin als Person Teil eines übergeordneten Kontexts. Meine Individualität hat verschiedene Dimensionen: soziale, politische, historische, erotische und so weiter, und das kreative Schaffen ist ein Ort, an dem sie sich überschneiden.“

Ana María Romano G. (*1971) ist Komponistin und Klangkünstlerin. Sie arbeitet mit akustischen und elektroakustischen Medien und in interdisziplinären Projekten mit Tanz, Video und Performance. Ihre kreativen Interessen liegen an der Schnittstelle von Gender, Sound, Technologie und der politischen Dimension des Kreativen. Ihre Arbeiten wurden auf Festivals in Lateinamerika, Europa, Nordamerika und Asien gezeigt und auf verschiedenen Internetlabels veröffentlicht. Sie ist Koordinatorin der feministischen Plattform En Tiempo Real


 

Alexandra Cárdenas 

Unsichtbare Symmetrien (2023)
für Akkordeon und Live-Coding (mit Projektion) UA


 

Alexandra Cárdenas schreibt zur Uraufführung von Unsichtbare Symmetrien für Akkordeon und Live-Coding:
„Das Stück ist eine Erforschung verborgener Muster in der Musik und der symbiotischen Beziehung zwischen menschlicher Kreativität und computergestützten Prozessen. Diese innovative Komposition, akribisch für Akkordeon und Live-Coding entwickelt, taucht tief in das reiche Erbe symmetrischer Muster in der Musik ein, insbesondere in die Form des Kanons, die ihre Wurzeln bis zur Renaissance zurückverfolgt.
Im Zentrum dieses Stücks steht das Konzept des Live-Codings. Bei diesem wegweisenden Ansatz erstellt die Komponistin, inspiriert von der Syntax und organisatorischen Kraft des Computer-Codes, in Echtzeit eine dynamische Partitur für die Akkordeonistin. Anstelle einer traditionellen Notation entwirft sie einen für Menschen und Maschinen verständlichen Code, der die Grenzen der musikalischen Kreativität auslotet. Mithilfe von magischen Quadraten generieren mathematische Ausdrücke komplexe musikalische Muster, die dem Stück Tiefe und Vielschichtigkeit verleihen.
In der Aufführung wird der Bildschirm mit dem Publikum geteilt und gewährt Einblicke in den Live-Coding-Prozess. Die Interpretin, die dem Bildschirm zugewandt ist, interpretiert die elektronische Partitur auf der rechten Seite. Gleichzeitig manipuliert die Live-Coderin Akkordeonsamples und erzeugt elektronische Musik in Echtzeit auf der linken Seite. Farbkodierte visuelle Elemente verweben sich mit der musikalischen Erzählung.
Improvisation, ein Eckpfeiler des Live-Codings, durchzieht das Stück und ermöglicht spontanen kreativen Ausdruck. "Unsichtbare Symmetrien" lädt das Publikum ein, an dem komplexen Dialog zwischen der Komponistin, der Akkordeonistin und dem Computer teilzuhaben, und versteht die Improvisation als essentielles Element der Performance. Das Stück betont die kollaborative Synergie zwischen menschlicher Intuition und computergestützter Präzision und gewährt Einblicke in den kreativen Prozess. Diese Erkundung der Musiktechnologie stellt verbreitete Vorurteile über Algorithmen infrage, befähigt die Zuhörer und entzaubert das oft mit digitalen Technologien verbundene Mysterium.
"Unsichtbare Symmetrien" ist ein Zeugnis für die beständige Beziehung zwischen Musik und Technologie und zeigt, wie kreatives Codieren neue Wege für künstlerischen Ausdruck eröffnet. In einer Ära des Übergangs in eine zunehmend digitale Welt feiert das Stück die harmonische Fusion von menschlicher Erfindungsgabe und technologischer Innovation und erinnert uns an die grenzenlosen Möglichkeiten, die entstehen, wenn Kreativität und Code sich vereinen.“


 

Daniel Leguizamón

signo a cambio
 (2022)
für Akkordeon

 

Daniel Leguizamón schafft mit dem Akkordeon eine besondere, intime Klangwelt, die mit kleinsten Details spielt. „Ich möchte einen kollektiven Moment des Entdeckens und Erlebens von Klang schaffen, der nicht nur physisch, sondern auch metaphorisch ist.“ In signo a cambio ließ er sich konzeptuell vom Werk zweier wichtiger kolumbianischer Künstler inspirieren, dem Maler Manuel Hernandez und dem Lyriker León de Greiff. „Musik (oder Kunst) zu machen, ist nicht ein Ausdruck persönlicher Ideen oder Gefühle, es geht immer um Resonanz miteinander, wie ein langsamer, tiefer Dialog, der uns Teil einer ästhetischen Gemeinschaft werden lässt. Ich habe im Werk von Hernández (besonders in seinem Begriff des Zeichens) und in einem Gedicht Greiffs wichtige Spuren gefunden, die eine Bedeutung für meine Klangerkundung haben. (…) Ich betrachte meine Stücke gerne als Fenster, die von denen, die die Einladung annehmen, mit allen möglichen Welten gefüllt werden können.“

Daniel Leguizamón (*1979) studierte Komposition und Philosophie an der Universidad de Los Andes in Bogotá. Als Komponist, Interpret, Lehrer, Forscher, Kulturmanager und Herausgeber widmet er sich der zeitgenössischen und experimentellen Praxis in Kolumbien. Er ist Mitglied verschiedener Ensembles für experimentelle Musik, des Bogotá Improvisers Orchestra und Mitbegründer des Círculo Colombiano de Música Contemporánea (CCMC). 


 

Martin Daske 

Tinguelytude No. 4 (2018)
für Akkordeon und Zuspielung

 

Das erste Mal stieß ich auf ein Werk von Jean Tinguely, als ich vielleicht 18 Jahre alt war. „La porte“ im Centre Pompidou in Paris. Seither begleiten mich Tinguelys Werke. Besonders faszinierend die großen Musikmaschinen. Und ich versuche in meiner kleinen Werkreihe „Tinguelytudes“ eine Hommage an den Schweizer Künstler. Es gibt schon einige „Tinguelytudes“ für verschiedene Besetzungen. Die Konstante ist die Elektronik, die aus Bestandteilen von Audioaufnahmen von Tinguelys Werken komponiert ist.“

Martin Daske,1962 in Berlin geboren. Kompositorische Ausbildung bei Christian Wolff und Boguslaw Schaeffer. Daske entwickelte neben seinem „normalen“ kompositorischen Schaffen eine Form dreidimensionaler Notation ("Folianten") und 2010 eine weitere ("Notensetzen"). Zahlreiche Hörspiele und andere Radioarbeiten, Klanginstallationen, Theater- und Filmmusiken. Seit 1989 einer der beiden künstlerischen Leiter der Konzertreihe "Unerhörte Musik" in Berlin. Seit 1993 betreibt Daske sein eigenes Produktionsstudio: tribord studio. Diverse CD-Veröffentlichungen und Preise.



Carlos Andres Rico

Nacido en el valle, … (2018)
für Akkordeon und Zuspielung


 

Carlos Andrés Rico macht in seinem Stück „Nacido en el Valle, el Rio y la Montaña“ eine musikalische Expedition zu den Anfängen des Vallenato. „Den Klang des Akkordeons habe ich immer mit dem Vallenato in ländlichen Gegenden assoziiert, bei den Festen im Nachbardorf, im vorbeifahrenden Bus oder auf dem zentralen Platz.“ Er nahm die Herausforderung an, diese Musik von der Strasse in einen zeitgenössischen Konzert-Kontext zu holen. „Das Material, auf dem meine Kompositionen basieren, stammt fast immer aus verschiedenen kulturellen Ausdrucksformen, aus dem populären und traditionellen Wissen Lateinamerikas.“ 

Carlos Andrés Rico (*1986) studierte Komposition in Bogotá und multimediale Komposition in Hamburg. Seine Produktionen vereinen futuristische Klänge mit verschiedenen Traditionen der Welt, und seine DJ-Sets bewegen sich zwischen ritueller Musik und elektrischen experimentellen Klängen. Sein Interesse an der Erforschung der Musik in ihrer Beziehung zur Gesellschaft spiegelt sich in einer Doktorarbeit zur künstlerischen Forschung. Seit 2016 leitet er SELVA, das Festival für experimentelle Künste und Musik aus Lateinamerika in Hamburg.

 

Eva Zöllner studierte Akkordeon an der HfMT Köln und am Königlich Dänischen Konservatorium in Kopenhagen. Sie zählt zu den aktivsten Akkordeonistinnen ihrer Generation und widmet sich mit Leidenschaft der zeitgenössischen Musik. Als international gefragte Künstlerin präsentiert sie Projekte, die von experimentellen Solo-Performances bis zur Zusammenarbeit mit namhaften Orchestern reichen. Konzertreisen führten sie auf alle Kontinente; besonders interessieren sie die Länder Mittel- und Südamerikas mit ihrer lebendigen aktuellen Musikszene. Die Zusammenarbeit mit Komponist:innen auf der ganzen Welt ist ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit. Daraus resultierend hat sie mehr als 300 Werke uraufgeführt. Im Jahr 2021 erschien ihr Buch Komponieren für Akkordeon. Im September 2023 präsentierte sie ihre Solo-CD „voces, señales“ mit Musik kolumbianischer Komponist:innen bei Genuin classics. Eva Zöllner lebt im Westerwald und ist oft auf Reisen, um ihr Instrument in unterschiedlichsten Kontexten und Kulturen zu erkunden. 

Alexandra Cárdenas ist eine visionäre Künstlerin, die Komposition, Programmierung, Improvisation und Live-Coding nahtlos miteinander verbindet, um experimentelle elektronische Musik zu schaffen. Ihre künstlerische Reise dreht sich darum, das algorithmische Verhalten von Musik zu erforschen und die grenzenlosen Möglichkeiten musikalischer Ausdrucksformen innerhalb von Code zu erkunden. Als Kernmitglied der internationalen Live-Coding- und Algorave-Gemeinschaften hat sie verschiedene TOPLAP-Knotenpunkte mitbegründet, darunter Toplap Mexico und Toplap Berlin. Sie reist um die Welt, unterrichtet und tritt auf mit den frei verfügbaren Live-Coding-Sprachen SuperCollider und TidalCycles. Sie studierte Komposition an der Universidad de Los Andes in Bogotá, wo sie sich auch intensiv mit Mathematik und klassischer Gitarre beschäftigte. Ihr Wissensdurst führte sie dazu, einen Master-Abschluss in Sound Studies und Sonic Arts an der Universität der Künste in Berlin zu absolvieren, wo sie derzeit ansässig ist.


Musikalische Aufhellung in trüber Zeit.
Mit herzlichen Grüßen

Ihre/Eure Martin Daske und Rainer Rubbert
 

Gerne weisen wir immer wieder darauf hin, dass fast alle Konzerte aus den letzten Jahren auf unserem Youtube-Kanal zum Nachhören bereitstehen. Abonnieren Sie sich gerne!

https://www.youtube.com/c/UnerhörteMusik

 


Die Unerhörte Musik wird gefördert 
aus Mitteln der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Alle Veranstaltungen finden im BKA-Theater, Mehringdamm 34, 10961 Berlin, statt.
Telefon: 030 - 20 22 007

Eintritt: 13,- / 9,- €
Zehnerkarte: 80,- / 60,- € (übertragbar)



Copyright © 2023 Unerhörte Musik, All rights reserved.
Sie sind in unserem Verteiler, weil Sie das hoffentlich wollten.

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Unerhörte Musik
Mehringdamm 34
Berlin 10961
Germany
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