Samstag, 31. Oktober 2020

Der kulturpolitische Wochenreport (44. KW) [Deutscher Kulturrat]

 

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Der kulturpolitische Wochenreport (44. KW) 
Bundeskulturministerium, Lockdown, Offener Brief an Till Brönner, 2. Kulturpolitischer Salon, Corona-Krise: Was wird für die Kultur getan?, Neuerscheinung: Politik & Kultur, Symposium: Von der Kunst zu leben, Text der Woche, Zur Person, Chemnitz wird Kulturhauptstadt 2025
  


Sehr geehrte Damen und Herren,  

in einem Jahr werden höchstwahrscheinlich die Verhandlungen über die nächste Bundesregierung noch im vollen Gange sein. Schwarz-Grün, Grün-Rot-Gelb, oder wie auch immer. Die neue Bundesregierung muss die Frage klären, ob jetzt endlich die Zeit für ein echtes Bundeskulturministerium gekommen ist.

Vor dann 23 Jahren wurde das Amt der Beauftragten der Bundesregierung im Bundeskanzleramt geschaffen. Der Deutsche Kulturrat hatte eine Stärkung der Bundeskulturpolitik im Bundestagswahlkampf 1998 gefordert. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte dann noch im Wahlkampf Michael Naumann als ersten Bundeskulturbeauftragten in sein Schattenkabinett berufen.

Mit der Regierungsbildung wurde dann durch die Schaffung des Amtes des Kulturbeauftragten im Bundeskanzleramt ein großer Schritt zu kulturpolitischer Normalität im vereinigten Nachkriegsdeutschland getan. 

Am Anfang waren große Widerstände bei den Bundesländern zu überwinden. Rot-Grün startete damals den Neuanfang, die Union überwand ihre anfängliche Zurückhaltung und übernahm den Staffelstab ab 2005. Längst haben auch die meisten Bundesländer ihren Frieden mit der neuen sichtbaren und erfolgreichen Bundeskultur gemacht.

Doch noch immer leisten wir uns eine unzeitgemäße Trennung zwischen der Außen- und der Innenkulturpolitik. Die erste im Auswärtigen Amt, die zweite im Bundeskanzleramt. Wir haben zwei Kulturstaatsministerinnen, eine fürs Innere, die andere fürs Äußere. Und dass, obwohl es immer schwerer wird, die beiden Politikbereiche sinnvoll zu trennen. 

Europa prägt die kulturpolitischen Rahmenbedingungen für Deutschland massiv vor, ist die europäische Kulturpolitik Außen- oder Innenkulturpolitik. Oder die Aufarbeitung unserer kolonialen Vergangenheit und die längst überfällige Rückgabe von Raubkunst: Außen- oder Innenkulturpolitik?

Internationale Handelsabkommen mit ihren weitreichenden Wirkungen auf den gesamte nationalen Kulturbereich: Außen oder Innen? Und die Deutsche Welle, unser Auslandsrundfunk ressortiert nicht im Außenministerium, wie man meinen könnte, sondern im Bundeskanzleramt. 

Die nächste Bundesregierung wird sich entscheiden müssen, ob nach dann 23 Jahren der nächste Schritt zu einem vollwertigen Kulturministerium auf Bundesebene, ohne Trennung zwischen Innen und Außen, gegangen wird. Die Weichen für diese Entscheidungen werden in den nächsten Monaten in den Parteizentralen gestellt. Im November 2021 wissen wir mehr!

Ihr

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann



PS Lesen Sie zur spannenden Geschichte der Bundeskulturpolitik unser Buch "Wachgeküsst: 20 Jahre neue Kulturpolitik des Bundes 1998 – 2018"



Lockdown: Es geht gar nicht in erster Linie um den Kulturbereich. Wir sind ein Kollateralschaden, um anderes zu erreichen

Im November sollen die Kultureinrichtungen im Teil-Lockdown Corona-bedingt erneut schließen. Dann heißt es für einen Monat wieder: Keine Kinos, keine Theater, keine Konzerte, keine Museen und, und, und.
Was bedeutet der sogenannte "Lockdown light" für die Kultur? Der Deutsche Kulturrat sieht die Kulturbranche als Kollateralschaden und warnt vor kultureller Entwöhnung.

Lesen oder horen Sie das Interview von Thomas Bille mit Olaf Zimmermann hier nach.



Offener Brief an Till Brönner vom 29.10.2020

Lieber Till Brönner, 

herzlichen Dank für Ihr deutliches Statement zu den bedrückenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Kulturbereich. Es ist sehr wichtig, dass die unmittelbar Betroffenen sich deutlich zu Wort melden. 

Fast allen Ihren Ausführungen kann ich mich anschließen. Der jetzt beschlossene neuerliche Lockdown für den Kulturbereich ist sehr schmerzhaft und für sehr viele Kulturschaffende existenzbedrohend. Wir ringen deshalb mit der Politik darum, zumindest eine einigermaßen angemessene finanzielle Entschädigung sicher zu stellen. Und wir konnten in den letzten Monaten auch wichtige Unterstützungsmaßnahmen für den Kulturbereich anregen, wie u. a. das eine Milliarde Euro große spezielle Kulturinfrastrukturprogramm „Neustart Kultur“. 

Auch deshalb haben mich Ihre Äußerungen über die fehlende Interessenvertretung im Kulturbereich sehr irritiert. Sie sagen in Ihrem Statement: „Wir in der Veranstaltungs- und Kulturbranche sind noch immer zu leise, weil wir keine ernstzunehmende Gewerkschaft haben.“ 
Der Kulturbereich hat gute Interessenvertretungen, allein den acht Sektionen des Deutschen Kulturrates gehören 261 Bundeskulturverbände an, das sind Berufsverbände, Gewerkschaften, Verbände der Kultureinrichtungen und Kulturwirtschaftsverbände, die mit großem Engagement die Interessen ihrer Mitglieder vertreten. Aber natürlich könnten die Berufsverbände und Gewerkschaften sicher noch mehr Gehör in der Politik und in der Öffentlichkeit erhalten, wenn mehr bekannte Künstlerinnen und Künstler sich in diesen Verbänden engagieren und Verantwortung übernehmen würden.

Lieber Herr Brönner,

am Ende Ihres Statements sagen Sie: „Aufwachen und zeigen, dass wir verstanden haben.“ Ich freue mich in diesem Sinne auf Ihre zukünftigen Aktivitäten in einem der Kulturverbände oder vielleicht wollen Sie sogar einen neuen Verband gründen. Wie auch immer, gemeinsam sind wir noch stärker.

Herzliche Grüße

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates



Welche Folgen haben die Corona-Maßnahmen für die Schauspielerinnen und Schauspieler, für die Musiker und Sängerinnen?

Beim 2. Kulturpolitischen Salon am 25. Oktober im Deutschen Theater diskutierten über diese und andere Fragen: 

Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters Berlin und Präsident des Deutschen Bühnenvereins 
Jörg Königsdorf, Chefdramaturg der Deutschen Oper Berlin 
Anne Lenk, Regisseurin

Moderation: Hans Dieter Heimendahl
Der Kulturpolitische Salon ist ein Diskussionsforum in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bühnenverein, dem Deutschen Kulturrat, dem Deutschen Theater Berlin und Deutschlandfunk Kultur.

Horen Sie das Gespräch hier nach.



Aktualisiert! Corona-Krise: Was wird für die Kultur getan?

Hier finden Sie Informationen zu den Maßnahmen des Bundes für Solo-Selbständige und Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft.

Bitte beachten Sie, dass der Bewerbungsschluss für viele Maßnahmen zur Unterstützung pandemiebedingter Investitionen aus dem Programm Neustart Kultur am 31.10.2020 endet.  


Hier finden Sie Informationen zu den Maßnahmen der einzelnen Bundesländer im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

Hier finden Sie zusätzlich eine tabellarische Übersicht der Länderhilfen (Stand 12.10.2020).



Neuerscheinung: Politik & Kultur November 2020


Themen der Ausgabe:
  
  • Der freundliche Nachbar
    Bürgerschaftliches Engagement vor Ort – und überall
  • Kulturfinanzierung 
    Die Erosion der kommunalen Kultur beginnt: Bund und Länder müssen sie jetzt gemeinsam aufhalten
  • Neustart Kultur 
    Corona vs. Kultur: Wie unterstützen die Kulturförderfonds Kulturschaffende im Rahmen des BKM-Zukunftsprogramms?
  • Kulturgut & Naturerbe 
    Politischer Weckruf jetzt: Gesetze zum Denkmal- und Kulturgutschutz bedrohen das paläontologische Naturerbe
  • Sudan 
    Kunst als Förderin des Wandels im Sudan: Wie ist es aktuell um die Kulturszene des Landes im Umbruch bestellt?

Weitere Themen: 

Zukunft der Kultur- und Kreativwirtschaft, Kunstschaffende in Schulen, Innovationsfähigkeit der Kultur, Digitalpakt 2.0, Verwertungsgesellschaften, Monika Maron & S. Fischer Verlage, Gameskultur, Game „Sea of Solitude“, Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Ulrich Khuon & Harald Siebler im Porträt, Kulturvermittlung & Opposition in der DDR u.v.m.




Von der Kunst zu leben - Die wirtschaftliche und soziale Situation Bildender Künstlerinnen und Künstler

Symposion am 13. November 2020 von 14.00 bis 18:30 Uhr live aus der Akademie der Künste
Die druckfrische Expertise mit den Ergebnissen der diesjährigen BBK-Umfrage belegt einmal mehr: Für sehr viele Künstler*innen war die Lage schon vor Corona prekär – die Pandemie hat sie massiv verschärft. Grundübel ist die oftmals fehlende, fast immer zu geringe Vergütung künstlerischer Leistungen. 

Auch wenn im Lockdown vielen bewusst wurde, was einer Gesellschaft ohne Zugang zu Kunst und Kultur fehlt, sind es gerade auch Künstlerinnen und Künstler, deren berufliche Existenz besonders von Kürzungen und Ausfällen bedroht ist. 

Das BBK-Symposion „Von der Kunst zu leben“ geht den Fakten auf den Grund und sucht Lösungsansätze für die Zukunft:
  • Wie kann es besser gelingen, künstlerisches Einkommen zu generieren, künstlerische Leistungen angemessen zu vergüten?
  • Welche Instrumente können Künstler*innen wirksam sozial absichern und
    Altersarmut verhindern?
  • Was sind der Gesellschaft Kunst und Kultur wert?

Impulse von Thomas Krüger (Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung), Eckhard Priller (Autor der Expertise „Von der Kunst zu leben“), Claudia Cornelsen (Autorin von „Was würdest du tun? Wie uns das bedingungslose Grundeinkommen verändert“) 

Mit ihnen diskutieren Rainer Eisch (Künstler), Bianca Müllner (Künstlerin und Vorsitzende des BBK Hamburg), Dagmar Schmidt (Künstlerin und Vorsitzende des BBK-Bundesverbands), Martina Schuegraf (Medienwissenschaftlerin), Olaf Zimmermann (Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats)



Text der Woche: Susanne Keuchel "Digitalpakt 2.0 - Skizze für den Aufbau analog-digitaler Bildungslandschaften" 

Die Corona-Pandemie zeigte die Dringlichkeit digitaler Transformation von Bildungsprozessen. Der Digitalpakt Schule mit einer Fördersumme von 5 Milliarden Euro sollte ein Schritt in diese Richtung sein. Der Mittelabruf innerhalb der 16 Bundesländer verlief bisher eher schleppend. Eine Ursache wurde in der Notwendigkeit der Einreichung eines Medienkonzepts der Schulen als Grundvoraussetzung für eine Mittelbeantragung gesehen. Aber vielleicht war es vielmehr der technokratische Ansatz der Digitalisierung von Bildung innerhalb des Programms, der mit dafür verantwortlich gewesen ist, dass die digitale Transformation von Schule bisher nicht gelungen ist.

Susanne Keuchel ist ehrenamtliche Präsidentin des Deutschen Kulturrates und hauptamtlich Direktorin der Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW.

Lesen Sie den Text hier!



Zur Person


Kai Röhrbein ist neuer Vorsitzender des Verbands Deutscher Lokalzeitungen

Der Geschäftsführer der Walsroder Zeitung, Kai Röhrbein, ist Anfang September vom Vorstand und Aufsichtsrat des Verbands Deutscher Lokalzeitungen (VDL) zum neuen Vorsitzenden beider Gremien gewählt worden. Er folgt auf Robert Dunkmann, Ostfriesische Nachrichten, der sich nicht mehr zur Wahl stellte. Zur stellvertretenden Vorsitzenden wurde erneut Inken Boyens gewählt, Verlegerin der Dithmarscher Landeszeitung aus Heide. Der Verband mit Sitz in Berlin vertritt die Interessen von rund 80 kleineren und mittleren Tageszeitungen mit insgesamt rund fünf Millionen Leserinnen und Lesern. 


Anne Weber erhält den Deutschen Buchpreis 2020

Mit dem Deutschen Buchpreis zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. In diesem Jahr erhält Anne Weber die Auszeichnung für ihren Roman »Annette, ein Heldinnenepos«, der die Geschichte einer Widerstandskämpferin erzählt. »Die Kraft von Anne Webers Erzählung kann sich mit der Kraft ihrer Heldin messen«, lautete die Begründung der Jury. Es sei »atemberaubend, wie frisch hier die alte Form des Epos klingt«. Die Preisträgerin wurde in mehreren Auswahlstufen ermittelt. Seit Ausschreibungsbeginn haben die sieben Jurymitglieder 206 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2019 und dem 15. September 2020 erschienen sind. Die Verleihung des mit 25.000 Euro dotierten Preises fand aufgrund der Corona-Pandemie ohne Publikum als Livesendung aus dem Frankfurter Römer statt.


Deutscher Jugendliteraturpreis 2020 verliehen 

Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, hat am 16. Oktober die Gewinnerinnen und Gewinner des Deutschen Jugendliteraturpreises 2020 bekannt gegeben. Nominiert waren 29 Werke, die sich an Kinder ab zwei Jahren und an Jugendliche wenden. Der Preis wurde, wie auch in den vergangenen Jahren, in mehreren Sparten vergeben. Eine Kritikerjury hat über die Preisträgerinnen und Preisträger entschieden. Zu den Gewinnern zählen: Mac Barnett und Jon Klassen (Bilderbuch), Will Gmehlings (Kinderbuch), Dita Zipfel (Jugendbuch) und David Böhm (Sachbuch). Den Preis der Jugendjury erhielt Sarah Crossan für »Wer ist Edward Moon?«. Außerdem wurden zwei Sonderpreise verliehen, an die Autorin Cornelia Funke für ihr Gesamtwerk sowie an Rieke Patwardhan als Neues Talent.


Patrick Schmeing wird Direktor des Leipziger Mendelssohn-Hauses

Patrick Schmeing verlässt die Bundeskunsthalle in Bonn zum 1. April 2021, um als neuer Geschäftsführender Vorstand und Direktor die Leitung der Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung und des Mendelssohn-Hauses in Leipzig zu übernehmen. Schmeing, der im Mendelssohn-Haus auf Jürgen Ernst folgt, der zum 31. März in den Ruhestand geht, ist seit dem 1. Januar 2018 Kaufmännischer Geschäftsführer der Bundeskunsthalle. Zuvor war er für das Gürzenich-Orchester Köln, das Gewandhaus und Gewandhausorchester Leipzig sowie die Bertelsmann Stiftung tätig. Seine Nachfolge in der Position des Kaufmännischen Geschäftsführers der Bundeskunsthalle soll zeitnah ausgeschrieben werden.



Chemnitz wird Kulturhauptstadt 2025 - Deutscher Kulturrat gratuliert

Der Deutsche Kulturrat gratuliert Chemnitz zur Empfehlung der europäischen Jury für den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2025“ in Deutschland. Im Wettbewerbsverfahren hat sich die sächsische Stadt gegen die in der Vorauswahl erfolgreichen Konkurrenten Hannover, Hildesheim, Magdeburg und Nürnberg durchgesetzt. Neben den genannten Städten hatten sich auch Dresden, Gera und Zittau beworben.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Die Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger und besonders die Kulturschaffenden haben sich nicht unterkriegen lassen – auch nicht nach den schrecklichen Ereignissen des Sommers 2018, als der rechte Pöbel durch die Stadt zog. Sie haben mit vielen Aktionen belegt, dass sie eine vielfältige, lebendige Stadt sind, die sich mit ihren Brüchen auseinandersetzt. Chemnitz steht für Aufbrüche, so auch das Motto ihrer Bewerbung. Die Chemnitzer Bewerbung stach heraus, weil sie zeigt, dass Veränderungen nicht nur mit Verlusten, sondern mit Neuem, mit einer Zukunft verbunden sind. Das ist ein Geist, der auf Europa übertragbar ist. Herzlichen Glückwunsch, Chemnitz!“


...

Deutscher Kulturrat e.V.
Taubenstr. 1
10117 Berlin

Web: www.kulturrat.de
E-Mail: post@kulturrat.de

Tel: 030-226 05 28-0
Fax: 030-226 05 28-11

Verantwortlich:
Olaf Zimmermann,
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates


 


Donnerstag, 29. Oktober 2020

[UNERHÖRTE MUSIK] - NEWSLETTER 2020 | Nr. 20a

 

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NEWSLETTER 2020 | Nr. 20a
3. November als Livestream


"Kreativität kann man nicht aufbrauchen.
Je mehr man sich ihrer bedient, desto mehr hat man." 
(Maya Angelou)

Liebe Interessierte,

es war zu befürchten (und ist ein weiteres Mal katastrophal für die freien Musiker):
Während des ganzen Monats November sind Konzerte und Theateraufführungen mit Publikum untersagt.

Aber: Die „Unerhörte Musik“ ist mittlerweile stream-erfahren und so werden wir – so es trotz der Reisebeschränkungen möglich ist – die Novemberkonzerte professionell live zu Ihnen nachhause senden.
Den Auftakt macht am kommenden Dienstag 3. November 2020 um 20:10 Uhr der in Berlin lebende Tuba-Virtuose Jack Adler-McKean mit seinem Programm 

Beneath the Horizon

Auf dem Programm stehen Werke von Martin Iddon UA, Rainer Rubbert, Priscilla McLean, Mark Andre und Georges Aperghis.

Schalten Sie ein!:

Live-Stream ab ca. 20:10 Uhr: https://youtu.be/-dPdXFUtCvU

 

Über die weiteren Konzerte werden wir Sie wöchentlich auf dem Laufenden halten.

Herzliche Grüße,

Ihre Martin Daske und Rainer Rubbert

Dienstag, 3. November 2020 | 20:00 Uhr

Beneath the Horizon

Jack Adler-McKean, Tuba

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Beneath the Horizon

 

 

 

Martin Iddon

Λαμπάδες [Lampades] (2020)
für Tubisten und Fixed Media UA

 

There is green darkness and red darkness, the darkness of deep water and the darkness of fire underground.” — Gaston Bachelard, Earth and Reveries of Will

The lampades, or torchbearers, were the nymphs of the underworld in Greek mythology, who accompanied Hecate, lighting, as their name suggests, the goddess’s way. The musical material of the piece is derived from Josquin des Prés’s five-voice De profundis.

Λαμπάδες was written for Jack Adler-McKean.

 

Martin Iddon (b. 1975, Manchester, UK) is a composer and musicologist. His music has been performed and broadcast on radio and TV in North America, Europe, and Australasia by musicians including Distractfold, Ensemble Interface, the Kairos Quartett, Ensemble SurPlus, Séverine Ballon, Jeffrey Gavett, Nicolas Hodges, Heather Roche, Ashot Sarkissjan and Eva Zöllner. A portrait CD, pneuma, was released in 2014. His string trio, Danaë, won the chamber music category of the 2014 British Composer Awards. His books, on the music of John Cage and the Darmstadt New Music Courses, are published by Cambridge and Oxford University Presses. He studied at the Universities of Durham and Cambridge, and is Professor of Music and Aesthetics at the University of Leeds.

 

 

Rainer Rubbert

depth (2018)
für Tuba sola


Das zweisätzige Stück wurde im Jahr 2018 für Jack Adler-McKean geschrieben und ist in seiner Reihe Contemporary Music for Tuba bei edition gravis verlegt.

 

Rainer Rubbert wurde 1957 in Erlangen geboren und wuchs in Berlin auf. 1975-1981 studierte er Komposition an der Hochschule der Künste Berlin bei Prof. Witold Szalonek, der ihn in seiner Radikalität – den vermeintlichen Widerspruch zwischen avanciertem musikalischen Material, kompositorischer Konsequenz und ungehindertem Ausdruck aufzulösen – maßgeblich beeinflusste. Er erhielt Preise und Stipendien, u.a. 1979 den Prix Marcel Josse, 1986/87 das Cité des Arts-Stipendium Paris, 1989 den Kompositionspreis Budapest, 1992 den Kunstpreis Musik der Akademie der Künste, 2003 das Villa-Serpentara-Stipendium, 2007 den Carl-von-Ossietzky-Kompositionspreis und 2012 den Premio Città di Fossacesia. Seit 1989 ist er einer der künstlerischen Leiter der Konzertreihe Unerhörte Musik. 2008 schrieb er die Kleist Oper nach dem Libretto von Tanja Langer. 2013 wurde er mit dem Deutschen Musikautorenpreis ausgezeichnet.

 

 

Priscilla McLean

Beneath the Horizon III (1979)
für Tuba und Walgesang

 

BENEATH THE HORIZON III was a prize winner at the Gaudeamus Festival, Holland, premiered at the festival in September 1979 by Melvyn Poore. Composed using real whale songs, the tuba and whales are initially so integrated that they cannot be distinguished apart, the whales sounding like flutter-tongued tuba pedal tones, gradually evolving from the tuba sonorities to their own, with the tuba at times singing whale-like sonorities. Throughout the work, the two qualities merge and separate, often creating sounds like neither group. The whale songs have been taken from old recordings, with hiss, pops, and distortions electronically removed, and at times speed changed, usually lowered and sometimes lengthened. The effect is of a special ethereal environment, projecting the haunting qualities of both musics. The title was influenced by the poignant philosophical longing of the main character in Eugene O'Neill's one-act play "Beyond the Horizon", and applies to our longing for the sea and the great, endangered, singing beings within.

 

Priscilla McLean was born in Fitchburg, Massachusetts in 1942, and studied at Lowell State College and Indiana University. After discovering electronic composition along with her husband Burton McLean in 1974, they began a touring ensemble with composers David Cope and Burton Beerman, voluntarily performing at each other’s university with their new concert of live and taped electronic music. Over 30 years this provided a vehicle for inventing concerts, composing and later adding video, creating audience-interacting installations, and learning several instruments along with inventing ones to suit their music. This freedom to have several months to compose, and tour during the winter-spring allowed her to add her abiding interest in nature and natural sounds. Priscilla McLean has been awarded three National Endowment for the Arts Composer Grants, as well as having her music featured on worldwide radio broadcasts through the International Rostrum of Composers.

 

 

Mark Andre

iv 16 
(2018)
für gedämpfte Tuba

 

Wie alle anderen Stücke aus dem Kammermusikzyklus iv reflektiert iv 16 die Problematik der Introvertiertheit als möglichen kompositorischen Prozess. Es geht um die konsequente Entwicklung von anderen kompositorischen Familien, Klangkategorien, Aktionskategorien, Klangtypen und Aktionstypen, die aus der instrumentalen Idiomatik abgeleitet und entdeckt worden sind. Die Suche nach zerbrechlichen und fragilen Klangzuständen spielt die zentrale Rolle in iv 16. Es betrifft expressive Zwischenräume, die sich zwischen den kategorisierten und typologisierten Polaritäten befinden. Im Endeffekt erlebt man eine Klangreise im Innersten durch offenkundige existentielle Klangspuren. Für diejenigen, die gläubig sind: geht es um eine Suche nach Klangspuren der Präsenz Christi im Innersten. 

 

Der Komponist Mark Andre, Sohn deutsch-französischer Eltern, wurde 1964 in Paris geboren, lebt aber seit langem schon in Deutschland. In seinem von Helmut Lachenmann beeinflussten Schaffen, das von Orchester- und klein besetzten Kammermusikwerken dominiert wird, verbindet sich bündige Konstruktivität mit expressiver Kraft. Andre entwirft häufig geräuschhafte, meist dunkel getönte Klanglandschaften, in denen er Vorgänge subtiler, minutiöser Veränderung klanglicher Elemente gestaltet. Ein besonderes Schwellenphänomen ist die Art und Weise, wie Andre mit der Stille in der Musik umgeht. In seinen die Grenze der Wahrnehmbarkeit abtastenden Stücken erscheint die Stille einerseits als der Ort, in den der Klang sich zurückzieht, andererseits aber auch als der, aus dem heraus er sich entwickelt. Mark Andre ist Mitglied der Akademie der Künste Berlin, der Sächsischen Akademie der Künste sowie der Bayerischen Akademie der Künste in München und wurde 2011 mit dem Orden Chevalier des Arts et des Lettres ausgezeichnet. 2012 war er Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin. Seit 2009 ist er Professor für Komposition an der Musikhochschule in Dresden.

 

 

Georges Aperghis

Parlando 
(2009/18)
für Tuba

 

„Was tut der Körper, wenn er (musikalisch) aussagt?“ fragte einst der französische Schriftsteller Roland Barthes anlässlich einer Reflexion über Robert Schumann. „Er spricht, sagt aber nichts: denn sobald die Rede – oder ihr instrumentaler Ersatz – musikalisch ist, ist sie nicht mehr sprachlich, sondern körperlich.“ Zu glauben, Georges Aperghis schaffe in seiner Musik einen „instrumentalen Ersatz“ für die Rede, führt in die Irre. Dies würde voraussetzen, dass eines durch das andere tatsächlich ersetzt werden könnte. In der Musik von Georges Aperghis ist es anders. Hier erfährt man, dass das eine das andere ist. Während Roland Barthes noch vermutete, dass die musikalische Rede „immer nur folgendes nie etwas anderes“ sage: „Mein Körper versetzt sich in den Zustand des Sprechens: quasi parlando.“ So lautet die Diagnose für Georges Aperghis: Der Körper spricht. Parlando verdeutlicht wie sehr Georges Aperghis die Extreme jedes einzelnen Instruments auszukosten vermag und mit den spezifischen Möglichkeiten seine Art des musikalischen Erzählens entwickelt. Einen Diskurs voll Wiederholungen, von Neuanfängen und Unterbrechungen, der auf der Stelle tritt – oder im minimal-intervallischen Abstand um eine „Stelle“ herumläuft – eine Sprache der polternden Unsicherheit, der nervösen Interaktion oder des Flehens.

 

Georges Aperghis wurde 1945 in eine Athener Künstlerfamilie geboren. Im Wesentlichen Autodidakt schwankte er lange Zeit zwischen Musik und Malerei. Die Entscheidung für die Musik fiel 1963, als Aperghis nach Paris zog, wo er seither lebt. Während seine ersten Werke noch deutlich unter dem Einfluss seines Landsmanns Iannis Xenakis stehen, den Aperghis in Paris erstmals traf, fand er rasch zu einer freieren, selbstständigen Sprache. Sein Schaffen lässt sich in drei große, fließend ineinander übergehende Bereiche einteilen: das musikalische Theater, die Konzertmusik und die Oper. Vor allem in den letzten beiden Jahrzehnten konzentrierte sich der Komponist auf die zweite Säule seines Schaffens, die Konzertmusik, mit einer Fülle von Kompositionen verschiedenster Vokal- und Instrumentalbesetzungen vom Orchesterwerk bis zum Solostück, wobei Aperghis seit den 1980er Jahren auch die Möglichkeiten der elektronischen Musik nutzt.

Jack Adler-McKean arbeitet mit international anerkannten Ensembles, Komponisten und akademischen Institutionen zusammen, um Renommee und Verständnis der Tuba-Familie zu fördern. Zu seinen jüngsten Projekten gehören Konzerte mit dem Ensemble Resonanz und dem Ensemble Modern, Musiktheaterwerke auf der Bühne der Deutschen Oper Berlin und der Philharmonie Luxembourg, die Zusammenarbeit bei Solowerken mit Georges Aperghis und Michael Finnissy, Uraufführungen bei den Darmstädter Ferienkursen (Stipendiumpreisträger 2018) und den BBC Proms. Darüber hinaus gibt er Solokonzerte in New York und Buenos Aires, Meisterkurse für Tubisten in Ankara und Oslo und bietet Seminare für Komponisten in London und Boston an. Er steuert Konferenz-Beiträge in Köln und Paris und Kritiken für TEMPO und Music and Letters bei. Orchesterauftritte reichen von denjenigen mit der Kontrabasstuba beim WDR Sinfonieorchester und dem BBC Scottish Symphony Orchestra bis hin zu solchen mit Serpent und Ophikleide bei der Kammerakademie Potsdam und dem Ensemble Spira Mirabilis. Sein erstes Buch „Die Spieltechnik der Tuba“ ist seit Juni 2020 bei Bärenreiter-Verlag erhältlich. Er ist Herausgeber der Reihe Contemporary Music for Tuba bei der Edition Gravis. Seine eigenen Kompositionen und Bearbeitungen sind bei Potenza Music veröffentlicht. Nach dem Studium in Manchester und Hannover und als Stipendiat u.a. des Deutschen Akademischen Austauschdienstes und der Leverhulme Trust arbeitet er zur Zeit an seiner Promotion am Royal Northern College of Music, mit Unterstützung des Arts and Humanities Research Council of Great Britain.

Die Unerhörte Musik wird gefördert 
aus Mitteln der Senatsverwaltung für Kultur und Europa

Alle Veranstaltungen finden im BKA-Theater, Mehringdamm 34, 10961 Berlin, statt.
Telefon: 030 - 20 22 007

Eintritt: 13,- / 9,- €
Zehnerkarte: 80,- / 60,- € (übertragbar)

Copyright © 2020 Unerhörte Musik All rights reserved.
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