Borderline Anders Annerholm Borderline (2018) für Violoncello und Klavier UA Borderline Die Liebe existiert nur, wenn sie mich überwältigt. Die Panik überwältigt alles, wenn sie einsetzt. Zur Katastrophe wird, wenn ein Gefühl endet. Und die Schönheit... mit dieser verletze ich mich bis es mir schlecht wird. Dann bleibt der Schlaf. Und nach vielen Versuchen das Licht in einem Morgengrauen. Borderline ist ein Werk über extreme Emotionen, emotionales Vertrauen und dessen Missbrauch. Der Titel bezieht sich auf den Psychologischen Begriff, hat aber auch eine universelle Bedeutung - „sich im Grenzland befinden“, das menschliche Leben ohne Verbleib, inner- und ausserhalb von Grenzen. Das Stück hat einen autobiografischen Hintergrund und ist Marika Gejrot und Martin Edin gewidmet. (Anders Annerholm) Der schwedische Komponist Anders Annerholm (geboren 1973) absolvierte sein Studium der Kirchenmusik mit einem Examen 1994. Später studierte er Komposition bei Miklòs Maros. Nach einem Gesangstudium an der „Royal Academy of Music“ in London begann er seinen musikalischen Laufbahn allerdings als Opernsänger und hatte eine kurze Karriere als Tenor an der Stockholmer „Folkoperan“. Als ihm klar wurde, dass seine musikalischen, künstlerischen Ambitionen in eine anderer Richtung wiesen nahm er das Komponieren wieder auf. Einen Schwerpunkt in seinem Schaffen bildet das Komponieren von Liedern. Der Gesangcyklus Sternmusik (Vertonung der Gedichte von Nelly Sachs) wurde im Schwedischen Radio übertragen und wird in diesem Sommer in München aufgeführt. Weitere bedeutende Werke sind April (Sopran und Klavier) und Face and face and face für Streichorchester. Gregory Rose K.S. (2016) für Solosopran DE Five Schwitters Songs Kurt Schwitters (Hannover 1887- UK1948) war ein Künstler, Author und Vortragskünstler. Aus der Zusammenarbeit mit dem befreundeten Künstler Raoul Hausmann entstand die Reihe PIN. Diese wurde 1962 von dem Verlag Gaberbocchus Press herausgegeben. Der Name PIN ergab sich aus dem Wort ‘Pinhole’ (Nadelloch) als Metapher für das Aufgeben der menschlich gesteuerten Gefühle mit der Aufforderung durch das Nadelloch zu kriechen, um dann festzustellen, dass es sich gelohnt hat. Vier der Texte der Five Schwitters Songs stammen aus PIN. Ich wurde 1970 mit der Kunst und den Schriften von Schwitters vertraut und seien Lyrik inspirierte mich zu diesem Gesangszyklus, der 2018 in London von Lore Lixenberg, der das Werk gewidmet ist, uraufgeführt. Dies ist die deutsche Erstaufführung von 3.K.S. aus dem oben genannten Zyklus. Gregory Rose ist Komponist und Dirigent und hat zahlreiche Werke für Orchester, Kammermusik, Ensemble, Chor, und Gesang komponiert. Seien Werke werden vom Verlag Neue Musik herausgegeben. Als Dirigent hat er sich allen Musikrichtungen gewidmet, besonders der zeitgenössischen Musik. er hat mehr als 1000 Werke uraufgeführt und hat mit vielen Komponisten zusammengearbeitet unter andern mit Lachenmann, Stockhausen, Birtwistle, Cage, Wolff und Reich. Stefan Lienenkämper Soliloquy/Ending (Fassung 2021) für Sopran und Violoncello UA (mit einer Textzeile von W. Shakespeare aus dem Sonett Nr. 8) In dieser über weite Strecken äußerst leisen Komposition sind neben der Stimme und dem Violoncello, Klänge von an einer Tischkante vibrierenden Stäben zu hören, welche die Musikerinnen in Schwingung versetzen. Meist singt die Stimme quasi instrumental, ohne Text. Nur eine Zeile aus dem Sonett Nr. 8 von W. Shakespeare taucht auf: Music to hear, why hear´st thou music sadly?… (In der Übertragung von Hanno Helbing heißt es: Musik du selber, ist Musik dir leid?) Diese Textzeile öffnet kurz einen semantischen Assoziationsraum, der aus den rein klanglichen Verläufen heraustritt. Soliloquy / Ending ist im Versuch geschrieben, starker innerer Unruhe in einer betrachtenden / hörenden Haltung, die nicht eingreift, zu begegnen. Das Stück ist in einer leicht veränderten Fassung für Marika Gejrot und Anna Clementi zu hören; das ursprüngliche Stück wird hier erweitert durch kurze Solopassagen des Violoncellos. (Stefan Lienenkämper) Der Komponist Stefan Lienenkämper (*1963, Meinerzhagen/Sauerland) machte seine ersten musikalischen Erfahrungen als Kontrabassist in Gospel- und Jazzbands. Nach dem Abitur schloss sich ein Studium der Philosophie an. Während eines sechsjährigen Amsterdam-Aufenthaltes studierte er Komposition an der Hoge School voor de Kunsten Utrecht bei Henk Alkema. Er hat u. a. mit Garth Knox, Michael Riessler, Krassimir Sterev, Christiane Edinger, Björn Lehmann sowie dem Sonar Quartett, Minguett Quartett, dem Hezarfen Ensemble Istanbul, dem Spanischen Nationalorchester und den Brandenburger Symphonikern zusammengearbeitet. Zu den Auszeichnungen, die ihm verliehen wurden, zählen der 1. Preis beim Kompositionswettbewerb des Spanischen Nationalorchesters Auditorio Nacional de Musica 2010und der 1. Preis beim Gustav Mahler Kompositionswettbewerb der Stadt Klagenfurt 2003 und 2009. Stefan Lienenkämper war 2016 und 2018 insgesamt 5 Monate Stipendiat der Kulturakademie Tarabya in Istanbul. Martin Edin Luftspiegelung II (2021) für Klavier UA Luftspiegelung II (2021) ist ein Musikstück im Grenzgebiet zwischen Improvisation und Komposition. Michèle Rusconi Oriental Dinner (2018) für Violoncello solo Die Tonhöhe G soll als Borderline für dieses kurze Cello Solostück dienen. Notiert auf der untersten line im Bassschlüssel, Saite III wenn offen gezupft, IV wenn gedrückt, kreist das Klanggeschehen lange ausschliesslich um diesen einen Ton,der auch dann noch Referenz bleibt und nachklingt, wenn längst verdrängt. Die Komponistin Michèle Rusconi hat sich mit unterschiedlichsten Musik auseinandergesetzt und in mehreren Ländern und Kontinenten gelebt.
Studiert hatte sie bei Mathias Spahlinger und Mesias Maiguashca. Sie lebt in Basel. Oriental Dinner hat sie 2018 für Marika Gejrot komponiert. Nicola Sani Wem sonst als Dir (Live-Fassung 2021) für Stimme und digitale Medien UA (basierend auf Texten von Cesare Pavese und Friedrich Hölderlin)
È andata così. Salivamo il sentiero tra il bosco delle ombre. Erano già lontani il Cocito, lo Stige, la barca, i lamenti. S’intravedeva sulle foglie il barlume del cielo. Mi sentivo alle spalle il fruscio del suo passo. Ma io ero ancora laggiù e avevo addosso quel freddo. Pensavo che un giorno avrei dovuto tornarci, che ciò che è stato sarà ancora. Pensavo alla vita con lei, com’era prima; che un’altra volta sarebbe finita. Ciò che è stato sarà. Pensavo a quel gelo, a quel vuoto che avevo traversato e che lei si portava nelle ossa, nel midollo, nel sangue. Valeva la pena di rivivere ancora? Ci pensai, e intravidi il barlume del giorno. Allora dissi: "Sia finita" e mi voltai. Euridice scomparve come si spegne una candela. Sentii soltanto un cigolio, come d’un topo che si salva. L'Euridice che ho pianto era una stagione della vita. Io cercavo ben altro laggiù che il suo amore. Non mi importò nulla di lei che mi seguiva. E mi voltai. So trug es sich zu. Wir stiegen den Pfad zwischen dem Wald der Schatten hinan. Kokytos, der Styx, die Barke, die Klagen waren schon fern. Auf den Blättern sah man flüchtig das Schimmern des Himmels. Ich vernahm hinter meinem Rücken das Geräusch ihres Schrittes. Aber ich war noch dort unten und hatte am Leib jene Kälte. Ich dachte, daß ich eines Tages dahin würde zurückkehren müssen, daß abermals sein wird, was war. Ich dachte an das Leben mit ihr, wie es einst gewesen, daß es ein anderes Mal zu Ende sein würde. Was gewesen ist, wird wieder sein. Ich dachte an jenen Frost, an jene Leere, die ich durchquert und die sie in den Knochen, im Mark, im Blut mit sich trug. Lohnte es sich, wieder zu leben? Daran dachte ich und sah das Schimmern des Tages. Da sagte ich, „es sei zu Ende“, und wandte mich um.
Eurydike verschwand, wie eine Kerze verlischt. Ich vernahm nur ein Rascheln, wie von einer Maus, die Sich rettet. Eurydike, die ich beweint habe, war eine Zeitspanne des Lebens. Ich suchte weit anderes dort unten als ihre Liebe. Sie, die mir folgte, ging mich nichts an. Und ich wandte mich um. Cesare Pavese
Du seiest so allein in der schönen Welt, Behauptest du mir immer, Geliebter! das Weist aber du nicht - - - Friedrich Hölderlin Diese Komposition wurde als Überarbeitung des Abschlusses meiner Oper "Diotima und Eurydike" geboren, zwei weiblichen Figuren aus der Sphäre des Mythos und der Poesie. Ihre Namen beziehen sich auf die ihrer jeweiligen Gefährten: Orpheus, legendärer Kantor der griechischen Mythologie, und Hyperion, Protagonist des gleichnamigen Romans von Friedrich Hölderlin, nach dessen Widmung die Komposition benannt ist. Ihre Geschichte hat viele Gemeinsamkeiten: Sie sind zwei Frauen, die ihre jeweiligen Gefährten nie wirklich lieben konnten, die es vorzogen, sie sterben zu sehen, sie singen und idealisieren zu können, anstatt sich zu entscheiden, mit ihnen zu leben. Orpheus in der Unterwelt dreht sich um und verursacht den endgültigen Verlust von Eurydike. Obwohl Hyperion den Krieg in Griechenland überlebt hat, sendet er keine Signale an Diotima, die sich selbst tötet, indem sie ihn für tot hält oder verstanden hat, dass andere Dinge im Herzen der Geliebten wichtiger sind als sie. Orpheus hat in dem Moment, in dem er mit seinem Lied die göttlichen Kräfte überwindet, die ihm die Türen des Reiches der Dunkelheit öffnen, tatsächlich Eurydike "übertroffen". Sie repräsentiert nichts mehr für ihn, wenn nicht die Idealisierung eines Mythos. Dies ist die These von Cesare Pavese, dessen Text aus dem "Dialoghi con Leucò" in der Komposition wieder aufgegriffen wird. Das Ideal der Befreiung des griechischen Volkes ist für Hyperion wichtiger als seine Beziehung zu der Frau, die er liebt. Der Zusammenbruch dieses Ideals, die offensichtliche Unmöglichkeit, es zu verwirklichen, reicht nicht aus, um ihn zu ihr zurückkehren zu lassen. Auch er erlebt die Überwindung von Diotima und bedauert seine Anwesenheit in einer Art endloser Pilgerreise, deren Echo die Worte der Hölderlins Gedicht "Wenn aus der Ferne" sind. Die Töne auf Band "begleiten" die Handlung nicht, sondern treten in sie ein und bilden ihren Kontext, die Umgebung, die Stimme. Die verwendeten Instrumente (Hyperbassflöte und E-Gitarre) sind Protagonisten wie die Stimmen, während die elektroakustischen Ausarbeitungen die Klänge verstärken und ihren Inhalt ausarbeiten und sie in neue Klänge umwandeln. Produktion: Elektronisches Studio der Akademie der Künste, Berlin – 2004 Stimmen im Soundtrack: Werner Rehm | Anna Clementi Spieler im Soundtrack: Elena Casoli, E-Gitarre | Roberto Fabbriciani, Hyperbassflöte Nicola Sani ist Komponist, künstlerischer Leiter und Kulturmanager und wurde 1961 in Ferrara geboren. Er studierte Komposition bei Domenico Guaccero und elektronische Musikkomposition bei Giorgio Nottoli. Dazu ist er Autor von Musiktheaterwerken, Werken für Tanz und Orchester, Kammerkompositionen, Intermedialen Werken und Klanginstallationen, die in den Hauptsaisonen und Festivals in Italien und im Ausland aufgeführt und präsentiert werden. Zum Beispiel wurde seine Oper "Falcone", die dem 1992 von der Mafia getöteten italienischen Richter gewidmet ist, 2017 von der Berliner Staatsoper aufgeführt. Für die Bedeutung seiner künstlerischen Produktion und für seine Tätigkeit im Bereich Kulturmanagement wurde er 2011 vom französischen Kulturminister mit der Auszeichnung „Chevalier des Arts et des Lettres“ ausgezeichnet. Dazu hat er zahlreiche Preise und Auszeichnungen in Italien und im Ausland erhalten. Der Katalog seiner Werke erscheint im Suvini Zerboni Verlag, Mailand. Samuel Tramin Schlaf neben mir / Spezialgebiet-Strandstück (2013-2014) für Sopran, Violoncello und Klavier Während „Schlaf neben mir“ zunächst für eine Frauenstimme solo konzipiert war, wurde „Strandstück“ für ein Projekt nach Berliner Dichtern für Bariton Cello und Klavier gesetzt. Später wurden beide Stück zusammengefasst und in eine Fassung für Sopran, Cello und Klavier umgearbeitet. In „Schlaf neben mir“ sind Sängerin und Instrumente zu einem Körper verwachsen, die Klänge der Spieler wachsen stets aus den Klängen der anderen hervor. In „Strandstück“ sind zwei Gedichte, und damit zwei Ebenen ineinander verschränkt, überlagern sich. Es vollzieht einen Weg von Leichtigkeit, äußerlich Verspieltem hin zu innerlich Kontemplativen und zurück. Schlaf neben mir (Thomas Bernhard) Schlaf neben mir sei ruhig, ich muss trauern, beginn ich wieder meine Reise, zähl ich Stern und Kraut im Moor und suchend deine Lieder erwecke ich die Furcht in meiner Qual die meiner Stimme keine Ufer gibt und meinem Mund kein Wort. Bleib bei den Ängsten und zerfall zu Staub, auf finstern Treppen schlag dich offenen Augs, in mein Gebet schliess ich dich ein, wie nur die Mutter, liebend weissen Mond und nackte Rippen kalter Wälder. O komm nicht in meine Gehn nach düsteren Träumen. Sag, wo war ich gestern? War ich dir nicht nah als ich zufrieden lag am Brunnenrand aufschüttend fremder Gräber trockne Erde und kaltem Wind nachgebend längst verwehter Spuren Sand auf meinen Schuhn? Sag? Du verstehst mich nicht. Schlaf neben mir, sei ruhig, ich muss trauern. Spezialgebiet (R. Stolz) Durstige Vögel (-) die Gesten deines Lobs der Regenzone, die umherzieht auf deiner Haut die Sonnenflecken, und wie nachvollziehbar sich Bi-polarität aufbaut, hier in deinem Spezialgebiet wo du vom Roten Riesen zur Erdkrümmung kommst und mit der Art, wie ich dasitze den Fluss begründest der hinauffließt. Strandstück (R.Stolz) Hinter uns singt das Geländer. Es sucht den Ton des Windes zu halten - gibt es also noch Wetterharfen. Du raffst dein Kleid und watest lachend durch den Priel - es gibt sogar noch Nixen. Ich vertiefe mich in die Schönheit von Totholz, besetzt mit Flechten. Der Flugsand umspielt mir die Knöchel die Fesseln. Samuel Tramin studierte Klavier und Percussion an der Hochschule für Musik Hannover/Konservatorium Osnabrück und Klavier im Aufbaustudium an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. Seine Lehrer waren u.a. Peter Florian, Ullrich Schlie, Alan Marks und Gerald Fauth. Parallel dazu belegte er Musikwissenschaften an der FU Berlin und besuchte Interpretations- Meisterkurse u.a. bei Györgi und Marta Kurtag, Konrad Meister, Wolfram Rieger, Bernd Götzke und Dietrich Fischer-Dieskau. Neben dem Studium und der beginnenden Tätigkeit als Pianist schrieb er zunächst Musiken für Theaterproduktionen, die zunehmend von Konzertmusiken abgelöst wurden. Konzerte als Komponist, Klaviersolist, Liedbegleiter und musikalischer Leiter von Ensembleproduktionen klassischer, aber vor allem auch zeitgenössischer Musik führten ihn über Deutschland hinaus ins gesamte europäische Ausland, nach Russland und über Engagements des Goethe–Instituts wiederholt in verschiedene Länder des Nahen Ostens. Er arbeitete für verschiedene Theater (Probebühne Osnabrück, Städtische Bühnen Osnabrück, Hebbel-Theater Berlin, Theater des Westens, Berlin, Deutsche Oper Berlin, Staatsoper Berlin). Für Rundfunk- und Fernsehsender, sowie Kinofilme, spielte er Aufnahmen ein und übernahm damit zusammenhängende darstellerische Aufgaben. In der Gesangsabteilung der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ arbeitet er seit 1997 als Lehrbeauftragter, seit 2014 explizit für Einstudierungen Neuer Musik , einschließlich zeitgenössischer Opernproduktionen der Hochschule. Für Atonale e.V., einem Zusammenschluss Berliner Komponisten, dessen Vorsitz er seit 2009 inne hat, organisierte und leitete musikalisch mehrfach Konzertreihen und Festivals, bisher allein viermal in Zusammenarbeit mit der der Staatsoper Berlin. Die Gemeinschaftsoper „Ovartaci“ des Atonale e.V. wurde 2016 in Aarhus/Dänemark am Geburtsort des Protagonisten uraufgeführt. Er ist als Komponist, Interpret und Jurymitglied wiederholt Gast verschiedener Institutionen und Festivals Neuer Musik und schreibt häufig im Auftrag renommierter Interpreten Neuer Musik. Seine Werke erscheinen im Verlag Neue Musik, Berlin/Köln. |
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