Voicelessness Beat Furrer Voicelessness (The snow has no voice) (1986)
„Der emblematische Untertitel des Werks – The snow has no voice – stammt von Bachmanns englisch-amerikanischem Spiegelbild als Dichterin: Sylvia Plath. Der Subtitel ist ein Zitat, eine Zeile aus dem Gedichtband Ariel. Von da her vielleicht ist die aureolisch schimmernde „Limpidezza“ inspiriert, die die Klanglandschaft des Stückes überstrahlt. Ariel: Der Luftgeist. Magische Freiheitsfigur. Antiker Mythologie entsprungen und auch in Shakespeares Tempest ins Offene entronnen. Plein air. Aber da ist noch mehr. Die klingende Assonanz nämlich von Voicelessness. The snow has no voice zum sechsten der Préludes von Claude Debussy aus dem ersten Band. Der Titel: Des pas sur la neige. Den zart gezeichneten Schritten im Schnee wird mit leisen Gesten einer Kunst des kleinsten Übergangs ein lyrisches Denkmal gesetzt. Musikalischer Neuschnee quasi – als „mémoire involontaire“. Als Rettung von Tradition im Bildnis der Innovation.“ Wolfgang Hofer Beat Furrer wurde 1954 in Schaffhausen geboren und erhielt an der dortigen Musikschule seine erste Ausbildung (Klavier). Nach seiner Übersiedlung nach Wien im Jahr 1975 studierte er an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Dirigieren bei Otmar Suitner sowie Komposition bei Roman Haubenstock Ramati. Im Jahr 1985 gründete er das Klangforum Wien, das er bis 1992 leitete und dem er seitdem als Dirigent verbunden ist. Im Auftrag der Wiener Staatsoper schrieb er seine erste Oper Die Blinden, seine zweite Oper Narcissus wurde 1994 beim steirischen herbst an der Oper Graz uraufgeführt. 1996 war er „Composer in residence“ bei den Musikfestwochen Luzern. 2001 wurde das Musiktheater Begehren in Graz uraufgeführt, 2003 die Oper invocation in Zürich und 2005 das vielfach ausgezeichnete und gespielte Hörtheater FAMA in Donaueschingen. Seit Herbst 1991 ist Furrer ordentlicher Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Graz. Ende der 90er hat er gemeinsam mit Ernst Kovacic „impuls“ als internationale Ensemble- und KomponistInnenakademie für zeitgenössische Musik in Graz gegründet. Eine Gastprofessur für Komposition nahm er 2006-2009 an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt wahr. 2004 erhielt er den Musikpreis der Stadt Wien, seit 2005 ist er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. 2006 wurde er für FAMA mit dem Goldenen Löwen bei der Biennale Venedig ausgezeichnet. 2010 wurde sein Musiktheater Wüstenbuch am Theater Basel uraufgeführt. 2014 erhielt er den großen österreichischen Staatspreis. 2018 erhielt er den Ernst-von-Siemens Musikpreis für "ein Leben im Dienste der Musik". Seine Oper La Bianca Notte (Die helle Nacht) nach Texten von Dino Campana wurde im Mai 2015 in Hamburg uraufgeführt. Im Januar 2019 kam es an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin zur Uraufführung seiner Oper Violetter Schnee mit einem Libretto von Händl Klaus, basierend auf einer Vorlage von Wladimir Sorokin. Beat Furrer hat seit den 1980er Jahren ein breites Repertoire geschaffen, das von Solo und Kammermusik bis zu Werken für Ensemble, Chor, Orchester und Oper reicht. José María Sánchez-Verdú Jardín de fuego (2021) UA Dieses Werk (“Garten aus Feuer”) ist Teil eines Klavier-Zyklus mit dem Hauptitel Jardines de silencio (“Gärten aus Stille”). Bis jetzt sind Jardín de agua und Jardín de espejos schon uraufgeführt worden. Es sollten sieben Gärten insgesamt sein, jeweils mit bestimmten Naturelemente und poetischen Assoziationen entwickelt. Jardín de fuego durchläuft verschiedenen Landschaften in dem die Metapher des Feuers als mystischer Element musikalisch und poetisch dargestellt wird. Das Klavier wird ein Territorium organischer Materialien, mit verschiedenen Lichten und Resonanzen. Das Stück ist Alfonso Gómez gewidmet. José María Sánchez-Verdú studierte Komposition, Dirigieren u. Musikwissenschaft in Madrid, Siena und Frankfurt. Jura-Abschluss an der Universidad Complutense Madrid und PhD an der Universidad Autónoma Madrid. Als Komponist erhielt er u.a. den Förderpreis der Siemens-Stiftung München, den Premio Nacional de Música in Spanien, den Preis der Bergischen Biennale Wuppertal, den Ibn Arabi Prize, den 1. Preis der Jungen Deutschen Philharmonie, den Irino-Prize in Tokyo usw. Seine Werke (Orchester, Kammermusik, Installationen und Bühnenwerke mit besonderen dramaturgischen Verbindungen mit Architektur, Licht, Farben, Bewegung, Rituale usw. sind in wichtigen Festivals und Bühnen in Berlin, München, Hamburg, Stuttgart, Luzern, Venedig, Wien, Salzburg, Madrid, Kairo, Buenos Aires usw. präsentiert. Der Raum, die Erinnerung, die arabische Kalligraphie und vor allem die Schrift sind Hauptinteressen seiner Arbeit. Einige Werke wie GRAMMA, AURA, ATLAS, ARGO oder Alegorías de la luz spiegeln diese Interessen wider. Seine Werken sind in Festivals wie Ultraschall, Eclat, Wien Modern, März Musik, Musica Viva, Warschau Herbst Festival, Biennale di Venezia, Ars Musica Brüssels, Salzburg Biennale, Lincoln Center NY, Teatro Colón in Buenos Aires u.a. präsentiert. Sánchez-Verdú war Composer in Residence beim wichtigen Festivals in Deutschland, Österreich, Schweiz, Spanien, Polen, Peru etc. Zuletzt war er 2015-2016 “Composer in residence” der Dresden Philharmonie. Als Dirigent ist er häufig aktiv, und hat viele Ensembles und Orchestern in Europa und Amerika geleitet (Ensemble Modern, KNM Berlin, Ensemble Mosaik, österreichisches Ensemble für Neue Musik Salzburg, Brüssels Philharmonic, SWR-Orchester, New Music Orchestra Polen, Orquesta Sinfónica de Galicia, Orquesta Ciudad de Granada, Orquesta Filarmónica de Montevideo, etc). Er war Dozent für Kontrapunkt in Madrid, und danach Dozent für Komposition in Dresden und Vertretungsprofessor in Hannover. Zur Zeit ist er Professor für Komposition am Real Conservatorio Superior de Música in Madrid und Dozent für Komposition an der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf. Seine Werke werden von Breitkopf & Härtel verlegt. Chaya Czernowin fardanceCLOSE (2012, rev. 2020) "Was für ein Tanz ist das? Ist es ein Tanz, der aus der Ferne kommt? Dessen Überbleibsel so miteinander verwoben sind, dass sie nicht mehr auseinander gehalten werden können? Einer, der von einer Windböe hergeweht wurde, während du allein da stehst und einer entfernten Gesellschaft in der Nacht zuhörst? Oder ist es einer, der so nah ist, dass der starke Beat die Ohren fest auf ein verzerrtes, sich wiederholendes Detail gerichtet hält? Sie lassen sich nicht mit den Beinen tanzen – aber beide möchten mit der Fantasie tanzen und Vorstellungen von Nähe und Distanz in die Irre führen.“ Chaya Czernowin
Chaya Czernowin ist eine israelische Komponistin, die seit ihrem 25. Lebensjahr vorwiegend in Deutschland, Japan und den USA lebt. Ihre künstlerische Ausbildung erhielt sie an der Rubin Academy in Tel Aviv, bei Dieter Schnebel in Berlin sowie bei Brian Ferneyhough an der University of California. Nach Arbeitsstipendien in Tokio unterrichtete Chaya Czernowin am IRCAM in Paris sowie am Yoshiro Irino Institut Tokio. Darüber hinaus erhielt sie eine Professur für Komposition an der University of California, San Diego. Chaya Czernowin ist seit 2003 Leiterin der „Internationalen Sommerakademie für junge Komponisten“ im Schloss Solitude bei Stuttgart. Von 2006 bis 2009 war sie Professorin für Komposition an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Danach trat sie eine Professur für Komposition an der Harvard University in Boston an. Ihre Werke wurden international aufgeführt (u.a. Salzburger Festspiele). Czernowin erhielt zahlreiche Auszeichnungen (darunter: Bayerischer Theaterpreis, Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung, Förderpreis der Rockefeller Foundation u.v.a.m.). Voro García Étoiles filantes (2006) DE Commissioned by IVM. The piece was commissioned to be performed in the semi-finals of the José Iturbi piano performance competition in Valencia. First performed on 30 September 2006. Auditorium of the MUVIM Bartomeu Jaume (piano) on the 57th International Astronautics Congress held in Valencia. From a musical point of view, the sonorous discourse is elaborated with a certain look at the writing of Alessandro Scarlatti. The repetition of heights as axes of polarization around which different harmonic constellations take place, with a quotation from a piece belonging to the Cancionero de Upsala (Ay, luna que reluzes) somewhat masked in the final part. Voro Garcia graduated in different musical specialties. Doctor from the Polytechnic University of Valencia. He has been commissioned by different institutions and interpreters, such as INAEM, JONDE, CDMC, IVC, National Auditorium, FestClásica, Rafel Festival, Ensems, Mixtur, Quatuor Tana, Ascolta Ensemble or Ministère de la Culture et de la Communication French. Award from the National Youth Institute (2004). Founder and creator of the Ensemble Espai Sonor in 2003. In his role as director has made the absolute premiere and / or in Spain of many works. He has been composer-in-residence of the Group Instrumental (2001-02), JONDE (2005-06), MNCARS (2009), JOGV (2009/10) SOMELGRUP (2013), FESTIVAL DE GODELLA (2017), SBALZ (2018) and AGORA FESTIVAL(2019). Artistic director of the Mostra Sonora in Sueca (2005-2017). He is currently a composition teacher at the Higher Conservatory of Valencia and artistic director of the Ensems.He publishes his works in Babelscores, SB edicions and Ed. Piles.
Morton Feldman Palais de Mari (1986) In seinem letzten Klavierwerk verkörpert Feldman einige der Eigenschaften, mit denen er sich in den letzten Jahren beschäftigt hatte: unregelmäßige Symmetrien, ausgedehnte Strukturen, langsames Tempo und leise Töne. Das Stück basiert auf einem Bild des babylonischen Palastes von Mari, in dem Feldman eine Art unvollkommener Symmetrie entdeckte. Scheinbar identische Wiederholungen werden durch kleine Veränderungen in Rhythmus, Tonhöhe und der Platzierungen im Takt variiert. Widmungsträger ist der Maler Francesco Clemente, in dessen Atelier 1986 die Uraufführung stattfand. Morton Feldman, geboren 1926 in New York. Mit zwölf Jahren erhielt er seinen ersten Klavierunterricht. Ab 1941 studierte er Komposition bei Wallingford Riegger, später bei Stefan Wolpe. Die Begegnung mit John Cage 1950 beeinflusste Feldman nachhaltig. Seine musikalische Ästhetik war geprägt durch seinen aus Malern (Philip Guston, Robert Rauschenberg, Mark Rothko, Jasper Johns) und Musikern (John Cage, Christian Wolff, Earle Brown, David Tudor) bestehenden Freundeskreis in New York. Morton Feldman starb 1987 in Buffalo/New York. Brice Pauset Sept Canons (2010) “Mit den Sept Canons, komponiert im Jahr 2010, vollendet sich mein Kanonzyklus, der für das moderne Klavier geschrieben ist. Als „Adieu“ an dieses sehr spezielle Genre, das von diversen Reputationen umgeben ist, gleichsam didaktischen, wenn nicht kindischen, gleichsam an ein mystisches Wissen und esoterisches gebundene, wollte ich, zum ersten Mal in meiner Arbeit, auf eine Art und Weise vorgehen, die ich zuvor immer als naiv und fruchtlos erachtet hatte, jener des symbolischen Austauschs zwischen Parametern. Genauer handelt es sich darum, die Höhen in Dauern zu verwandeln und umgekehrt. Um dies zu tun, brauchte ich natürlich ein schon gebildetes Ausgangsmaterial, und es schien mir, dass meine Trois Canons, im Jahr 1989 komponiert, im doppelten Sinne, in ihrer schwebenden Expressivität und ihrer Situation in meinem eigenen Leben als Komponist, geeignet waren: nicht als Rückkehr zur Quelle im Angesicht dieses musikalischen Genres, sondern ohne Zweifel eine Weise, den Kreis zu schließen und endlich diese Summe hinter mir zu lassen, die nach und nach riskierte, unliebsam zu werden. Natürlich schien mir die einfache Umkehrung der Parameter schnell als zu artifiziell, und als zu wenig expressive Perspektiven bietend. Ich habe mir also intermediäre Situationen ausgedacht: partielle und unvollständige Wandlungen der Tonhöhen in Dauern, in denen die ursprünglichen harmonischen Strukturen noch die kommende Zeitlichkeit beeinflussen konnten, ohne etwas von ihrer Intensität und ihrer Überzeugung zu verlieren. In diesen sehr besonderen, beinahe aporetischen, Situationen fand ich die Herausforderungen meines Triptychons für Orchester (Der Geograph, Die Tänzerin, Erstarrte Schatten) wieder, dessen explizites Thema der Begriff des Unmöglichen selbst ist. Diese besonderen Situationen innerhalb des Rahmens meines Kanonzykluses haben mich dazu gebracht, Momente der Verschiebung zu komponieren, eine Art von klanglichen, exzentrischen „Monstren“, gleichwie an die Musik selbst gestellte Fragen, die dabei war, zu entstehen, unaufhörlich im Dialog mit ihrem über sie selbst Hinausragenden.“ Brice Pauset Brice Pauset hat zunächst Klavier, Geige und Cembalo und dann Komposition in Paris und Siena (Italien) studiert. 1994 erhielt er ein Stipendium der Fondation Marcel Bleustein-Blanchet pour la Vocation, 1994-1996 war er Praktikant am IRCAM. Seither hat er sich ganz seiner kompositorischen Arbeit, seiner Lehrtätigkeit und dem Cembalospiel sowie, manchmal in Verbindung mit dem klassischen Repertoire, der Interpretation eigener Werke am Cembalo, Hammerflügel oder Clavichord gewidmet. Er arbeitet regelmäßig mit den wichtigsten Musikinstitutionen in der ganzen Welt zusammen. Seine Werke werden regelmäßig von Solisten wie Teodoro Anzelotti, Irvine Arditti, Nicolas Hodges, Salome Kammer oder Andreas Staier und dem Arditti String Quartet, dem ensemble recherche, dem Hilliard Ensemble, dem Klangforum-Wien, dem Freiburger Barockorchester und fast allen deutschen und österreichischen Radiosinfonieorchestern gespielt. Er war in der Saison 2004-2005 Composer in residence an der Mannheimer Oper von 2010 bis 2020 Artist in Residence an der Opéra de Dijon (Frankreich) und für die Saison 2021-2022 Artist in Residence in der Cité Musicale- Arsenal de Metz (Lothringen, Frankreich). Seine Werke decken alle musikalischen Genres und organisieren sich in ausgedehnten Zyklen, die sich oftmals besonderen außermusikalischen Themen widmen: die Immanenz der Wahrheiten (Zyklus des Wahrheitsverfahren nach Alain Badiou), oder ein Portrait in sechs Teilen der aktuellen historischen Zeit (zu dem Kataster für Ensemble solo und Orchester, Vertigo-Infinite Screens für Ensemble, Elektronik und Bilder, (É)craN|Narcissefür Sprecher, Ensemble und Elektronik). Seine Oper Strafen (Les Châtiments), für Solisten, Madrigalchor und großes Orchester, nach drei Erzählungen von Franz Kafka, wurde in Dijon in Februar 2020 uraufgeführt. 2008 wurde Brice Pauset als Kompositionsprofessor an die Musikhochschule von Freiburg im Breisgau berufen, wo er schon seit 2002 wohnt. Er gibt dazu zahlreiche Meisterkurse, insbesondere in Royaumont (Frankreich), am IRCAM (Paris), in Graz (Österreich), Rom (Italien) und an vielen anderen Orten. |