Four & more
Alexander Schubert
Superimpose I - (2009)
für Saxophon, Klavier, Kontrabass, Drumset und Zuspiel
"Copy and paste jazz;
zwischen ernsthafter und populärer Musik;
zwischen improvisierter Musik und notierter Musik;
ein Kommentar zu Jazz-Phrasen;
ein Bild der beschleunigten Generation und ihrer Medien;
eine Illustration von Fehlern, die mit neuen Medien verbunden sind;
„Reste“ zwischen echten und gefälschten Instrumenten;
ein hyperaktives Zappen durch Stile und Stereotypen;
eine Überschneidung der Materialien, an denen der Komponist beteiligt ist;
ein Herzenswunsch des Komponisten."
Alexander Schubert (Aus dem Englischen von Annette Eckerle)
Alexander Schubert,
geboren 1979 in Bremen, studierte in Leipzig Informatik und
Kognitionswissenschaften. Parallel dazu war er als Musiker und Komponist
in verschiedenen Kontexten tätig. Nach einjähriger Tätigkeit am
Institut für Musik und Akustik am ZKM in Karlsruhe studierte er bei
Georg Hajdu und Manfred Stahnke bis 2010 Multimediale Komposition an der
Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Seitdem ist er Doktorand
im Themenfeld sensorgestützter elektroakustischer Performance,
künstlerischer Leiter des elektronischen Studios der Musikhochschule
Lübeck und Dozent an der Musikhochschule Hamburg. Im Jahr 2016 war er
Gastprofessor an der Folkwang Universität. Als Komponist bewegt er sich
an der Schnittstelle zwischen akustischer und elektronischer Musik mit
dem Fokus auf mediale Inhalte und deren technische Umsetzungen. Zentral
für Schubert ist die Arbeit mit der Körperlichkeit der Interpreten bzw.
deren Relation zu neuen Medien. Schuberts Werke wurden in den
vergangenen Jahren über 400 mal in über 35 Ländern aufgeführt, darunter:
IRCAM Paris, Wien Modern, ZKM Karlsruhe, Darmstädter Ferienkurse, Issue
Project Room New York, Wiener Festwochen, Rainy Days Festival, Acht
Brücken, Deutschlandfunk, etc.
Carola Bauckholt
Klarinettentrio (1993)
Arrangement für Saxophone, Klavier, Kontrabass DE
Das
"Klarinettentrio" ist die reduzierte und bearbeitete Musik des
Bühnenstücks "In gewohnter Umgebung II". Obwohl es sich um selbständige
Musik handelt, die auch ohne das Bühnengeschehen ihre Logik entfaltet,
ist sie aus visuellen Vorstellungen erfunden. Teile des Trios sind als
eine Übersetzung verschiedener Lichtqualitäten in Klang zu verstehen,
als Beschreibung bestimmter Charakteristika in das andere Medium, etwa
durch die Übertragung von Lichtvolumen in Klangvolumen oder durch die
Darstellung von Helligkeit durch Obertonreichtum. Fällt also das beim
Musiktheater selbstverständliche Licht weg, bleibt bei einer Hör-Fassung
immer noch das Äquivalent bestehen. Das Spektrum der Lichtqualitäten
reicht von der Glühbirne, die zum Sinuston mutiert, über Sonnenlicht,
das durchs Fenster hereinscheint und seinen Ausdruck durch heiter
bewegte Akkorde des präparierten Klaviers findet, bis hin zu flirrenden
Sonnenstrahlen, die durch Blätter von Bäumen im Wind aufgewirbelt
werden. Auch Mondlicht verbreitet seine ruhige Lichtflut. Gestische
Elemente des Bühnengeschehens wie z.B. plötzlich vorbeifliegende
Gegenstände treten in Analogie als blitzartige, klanglich sehr bewegte
musikalische Ereignisse auf.
(Frank Hilbert aus dem Booklet der Portrait CD der Edition zeitgenössische Musik bei Wergo)
Carola Bauckholt,
geb. 1959 in Krefeld, studierte nach mehrjähriger Mitarbeit im
Krefelder Theater am Marienplatz (TAM) bei Mauricio Kagel an der
Musikhochschule Köln . 1985 gründete sie mit Caspar Johannes Walter den
Thürmchen Verlag und 1991 das Thürmchen Ensemble. Sie erhielt zahlreiche
Stipendien und Auszeichnungen. Mit ihrem Musiktheaterstück "hellhörig"
war sie 2011 nach der Premiere bei der Biennale in München in Köln,
Basel, Rheinsberg, Warschau, Santiago de Chile und Buenos Aires zu Gast.
Als Gastdozentin wirkte sie in Santiago de Chile, Ostrava, Amsterdam,
Krakau, Zürich, Apeldoorn, Kiev, Oslo, Mexiko City, Monterrey, London,
Moskau, Tschaikovsky City, Basel Valencia, Barcelona, Bludenz und im
Inland.
Ein
zentrales Moment der Werke von Carola Bauckholt ist das Nachdenken über
das Phänomen der Wahrnehmung und des Verstehens. Ihre Kompositionen
vermischen oft Elemente aus visueller Kunst, Musiktheater und
konzertanter Musik. Dafür bedient sie sich gerne geräuschhafter Klänge,
die oft mit ungewohnten Mitteln erzeugt werden und nicht in ein
vorgegebenes Kompositionsraster eingearbeitet, sondern in ihrer freien
Entfaltung beobachtet und fortgeführt werden.
Stefan Keller
Hammer (2015)
für Saxophon, Klavier und Perkussion
Der
Titel geht auf das spanische Wort „martillo“ zurück, was einerseits
Hammer bedeutet, andererseits das Basispattern der Bongos in der
kubanischen Musik bezeichnet. Die kontrastierenden Klangenergien dieses
Patterns bilden die Grundlage für die Bongostimme im Mittelteil meiner
Komposition. Außerdem findet das Hämmern der Bongos eine Entsprechung im
Klavier, dessen Saiten in einem bestimmten Tonbereich im Verlauf des
Stücks mehrmals sehr stark gedämpft werden, so dass der geräuschhafte
Klang der Anschlagmechanik in den Vordergrund tritt. Über dieser stark
rhythmisch geprägten Klangebene entfaltet sich die zunehmend wie befreit
klingende Melodik des Saxofons. (Stefan Keller)
Stefan Keller, geboren
1974 in Zürich, studierte von 1995 bis 2002 an der dortigen
Musikhochschule Oboe, von 2002 bis 2007 an der Hochschule für Musik
„Hanns Eisler“ in Berlin Komposition bei Hanspeter Kyburz, Musiktheorie
bei Jörg Mainka und elektroakustische Musik bei Wolfgang Heiniger. Von
2006 bis 2016 unterrichtete Stefan Keller an der Hochschule für Musik
„Hanns Eisler“ theoretische Fächer, Analyse Neue Musik und
Instrumentation. 2008/09 besuchte er den Cursus 1 am IRCAM in Paris und
hielt sich im Rahmen eines Stipendiums des Berliner Senats an der Cité
des Arts auf. Unter anderem erhielt er 2004 den Kompositionspreis der
Landeshauptstadt Stuttgart. Der Akt des Musizierens in seiner
Körperlichkeit sowie der Umgang mit den Differenzierungen verschiedener
Musiktraditionen spielen eine wichtige Rolle in der Arbeit von Stefan
Keller. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Beschäftigung mit
nordindischer klassischer Musik. Im Rahmen eines Jahresstipendiums des
DAAD 2012/13 und seither bei regelmäßigen Aufenthalten in Mumbai lernt
er Tabla bei Aneesh Pradhan und bis 2017 Gesang bei Dhruba Ghosh.
Er tritt auch als Interpret seiner eigenen Werke für Tabla und
Live-Elektronik in Erscheinung und lebt und arbeitet als freischaffender
Komponist in Berlin.
Rebecca Saunders
Fury (2005)
für Kontrabass solo
The piece was written for the remix ensemble in 2005.
Despite
the choleric nature of the sound material, silence is regarded as the
canvas upon which all sounds surface out of, and disappear into. Fury was conceived of as a melody, stretched to breaking point over the full 8 minutes of this solo.
Fury
/´fjueri/ n. (pl. –ies) 1 a wild and passionate anger, rage. b a fit of rage (in a blind fury). c impetuosity in battle etc.
2 violence of a storm, disease, etc.
3 (Fury) (usu. in pl.) (in Greek mythology) each of three godesses sent from Tartarus to avenge crime, esp. against kinship.
4 an avenging spirit. like fury colloq. with great force or effect.
(ME f. OF furie f. L furia f. furere be mad)
The Concise Oxford Dictionary
Mit ihrer unverkennbaren Klangsprache ist die in Berlin lebende britische Komponistin Rebecca Saunders eine der führenden internationalen Vertreterinnen ihrer Komponistengeneration.
Für
ihr Schaffen erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen u.a. einen GEMA
Deutschen Autorenpreis, einen British Composer Award für Orchester 2016
für das Trompetenkonzert Alba und 2017 für Skin, den 2017 Preis der
Royal Philharmonic Society für Skin, den HappyNewEars Komponistenpreis
der Hans und Gertrud Zender-Stiftung und den Mauricio Kagel Musikpreis
2015.
1967
in London geboren, studierte Saunders Komposition bei Nigel Osborne in
Edinburgh und bei Wolfgang Rihm. Sie ist Mitglied der Berliner Akademie
der Künste und der Sächsische Akademie der Künste.
Sie
interessiert u.a. sich für die skulpturellen und räumlichen
Eigenschaften von organisierten Klangereignissen. Mit chroma (2003–2013)
und Stasis (2011/16) entstanden Collagen für bis 24 räumlich verteilte
Kammermusikgruppen und Klangquellen in mehrere Fassungen für ganz
unterschiedliche Spielorte. Das Werk Insideout entstand als Musik zu
einer choreografischen Installation in Zusammenarbeit mit Sasha Waltz
und war Saunders’ erstes Bühnenwerk. Es folgte in 2016 die erweiterte
choreografische Version ihres Violine Konzerts Still in Zusammenarbeit
mit dem Choreograf Antonio Rúz. Ihr Kontrabass Konzert Fury II wird von
dem Emanuel Gat in Zusammenarbeit mit Ensemble Modern in 2018
choreografiert.
Johannes Boris Borowski
Setup 1: Passion (2018)
(nach Texten aus dem Johannes-Evangelium (Lutherübersetzung) und Der Antichrist von Friedrich Nietzsche)
für Sänger, Saxophon, Keyboard/Klavier, Kontrabass, Perkussion UA
Setup: Aufstellung, Einrichtung – aber auch: to set sb. up: jemandem eine Falle stellen.
Musik wird aus sich selbst heraus theatralisch. Umgekehrt werden theatralische Momente musikalisch.
Ausdruck ist eng verbunden mit dem formalen Kontext, in dem dieser (ent)steht.
Form verändert Material, kann diesem einen neuen Ausdruck abgewinnen.
Material
lebt in verschiedenen Welten gleichzeitig. Durch den Blick eines
Menschen wird eine davon sichtbar. Je konsequenter der Blick (die
musikalische Form), desto stärker werden alle anderen Welten
ausgeblendet. Wir empfinden das Material nicht mehr als Zitat, sondern
als den Blick und die Persönlichkeit eines anderen Menschen, im
extremsten Sinne als es selbst in seiner Umgebung, losgelöst vom
menschlichen, geschichtlichen Blick.
Komponieren als Spiegeln einer Umgebung.
Der Mensch und seine Konstrukte: Konstrukte des Lebens. Des Überlebens.
Die Auseinandersetzung mit den Konstrukten (Zwängen) der Gesellschaft ist keine Anklage.
Es ist ein Darstellen – wie die Darstellung Jesus am Kreuz.
Es ist ein Aushalten – wie Jesus seine Leiden auf sich nahm.
Es ist ein Triumphieren – wie die Musik Bachs den ihr zugrundeliegenden christlichen Konstrukten mit Leichtigkeit entfliegt.
Ich bins
Ich habs euch gesagt, dass ichs sei
Meine Stunde ist noch nicht gekommen
Mich dürstet
Gib mir zu trinken
Wo ich bin, da könnt ihr nicht hinkommen
Ich bin die Tür
Ich habe die Welt überwunden
Das Himmelreich – es hat kein Gestern, kein Übermorgen
Eine Erfahrung an einem Herzen
Es ist überall da – es ist nirgends da
Was ist Wahrheit
Blut ist der schlechteste Zeuge der Wahrheit
Was ist Wahrheit
Der Mensch von heute – ich ersticke an seinem unreinen Athem
(Johannes Boris Borowski)
Johannes Boris Borowski, geboren
1979, studierte Komposition bei Hanspeter Kyburz und Marco Stroppa
sowie Musiktheorie bei Jörg Mainka. 2007-14 unterrichtete er Tonsatz,
Gehörbildung, Analyse und Instrumentation an der Hochschule für Musik
Hanns Eisler Berlin.
Borowski hatte mit vielen bedeutenden Ensembles
und Orchestern Aufführungen und Projekte, so z.B. mit dem Ensemble
Modern, Ensemble Intercontemporain, International Contemporary Ensemble,
Chicago Symphony Orchestra, Lucerne Festival Academy Orchestra sowie
mit Dirigenten wie Pierre Boulez, Susanna Mäkki, George Benjamin und
Daniel Barenboim. Seine Kompositionen wurden u.a. mit dem
Hanns-Eisler-Preis Berlin und dem Kompositionspreis der Landeshauptstadt
Stuttgart ausgezeichnet.
Josep Planells Schiaffino
Cavall (2018)
für Saxophon, Klavier, Kontrabass und Drumset
Mit
diesem Stück wollte ich mich von bestimmten (eigenen und fremden)
satztechnischen Verfahren abgrenzen bzw. befreien. So habe ich, was bei
mir nicht üblich ist, ohne einen formalen Plan angefangen zu
komponieren. Erst durch konkrete Assoziationen in ganz kleinem Rahmen
habe ich die ersten Situationen gefunden, von denen ausgehend ich weiter
arbeiten konnte.Der Titel ist daher nicht programmatisch zu verstehen,
er entstand tatsächlich erst während des Kompositionsprozesses und ist
eher illustrativ gemeint. Ich denke, dass die Metapher des Pferds mein
kompositorisches Vorgehen gut beschreibt und gleichzeitig zahlreiche
Assoziationen auslösen kann. „Cavall“ ist das katalanische Wort für
Pferd. Aber eigentlich habe ich dieses Wort und die damit verknüpften
Bedeutungen gewählt, weil das Pferd in zahlreichen Kulturen als eines
der wichtigsten Symbole gilt, wenn es um die Beschreibung von wilder
Energie geht, um eine archaische Kraft, um Weisheit und Freiheit.
Darüber hinaus spielt das Pferd in den überlieferten Schriften und
Erzählungen einiger Weltreligionen eine wichtige Rolle - vom Buddhismus
(Buddha verließ die Welt mit einem Pferd), über das Christentum (vgl.
Hiob 39.21: „Es stampft auf den Boden und ist freudig mit Kraft und
zieht aus, den Geharnischten entgegen.“) bis hin zum Islam. Auch in den
verschiedenen Mythologien kommt dem Pferd eine besondere Bedeutung zu,
man denke beispielsweise an den nordischen Sonnenwagen von Trundholm
oder an Areion und Pegasus in der Griechischen Mythologie. (Josep Planells Schiaffino)
Josep Planells Schiaffino
wurde 1988 in Valencia geboren. Dort studierte er Klarinette am
Conservatorio Superior de Música. Es folgte ein Kompositionsstudium bei
Arnulf Herrmann und Hanspeter Kyburz an der Hochschule für Musik Hanns
Eisler Berlin. Darüber hinaus hat Josep Planells Schiaffino an
Kompositions-Kursen und Meisterklassen teilgenommen, u. a. bei Wolfgang
Rihm, Salvatore Sciarrino und Brian Ferneyhough. Daneben besuchte er
Meisterklassen im Fach Dirigieren der Lucerne Festival Academy bei Heinz
Holliger und Matthias Pintscher und in Meisterklassen von Peter Eötvös
sowie Peter Rundel. Seine Musik wurde von führenden Formationen wie dem
Ensemble Modern, dem Ensemble der Lucerne Festival Academy, dem WDR
Sinfonieorchester Köln und der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken
aufgeführt. Josep Planells Schiaffino wurde mit zahlreichen Preisen wie
dem Hanns Eisler-Aufführungspreis, Injuve und beim Felix Mendelssohn
Bartholdy Hochschulwettbewerb ausgezeichnet und erhielt
Kompositionsaufträge u. a. für Les Vents Français und Eric Le Sage,
Sigma Project, das Beethoven-Haus Bonn sowie die Roche Young Commissions
2019 des Lucerne Festivals. Erste Musiktheatererfahrungen machte er als
Assistent von Franck Ollu am Theater Basel bei Xenakis „Oresteia“ und
an der Staatsoper Berlin bei Rihms „Jakob Lenz“.
Alexander Schubert
Superimpose II - "Night of the Living Dead" (2009)
für Saxophon, Klavier, Kontrabass, Drumset und Zuspiel
"Night of the Living Dead" - a blend of acoustic instruments and dead, very artificial sounding instrument imitaions
"Night
of the Living Dead" greift den Gestus der Superimpose-Reihe auf und
konzentriert sich auf die Gegenüberstellung und Verbindung von
akustischen Instrumenten und artifiziellen, synthetischen Nachbildungen
selbiger. Der Titel ist in der Tradition von Zappas "Jazz from Hell" und
Jochen Briesens "Zombie" zu sehen und soll die toten
Synthesizer-Instrumente und Chorpassagen des Stückes beschreiben.
Superimpose im Sinne vom Übereinanderagen, Einkopieren trifft sehr zu,
da ich viele Einflüsse aus verschiedenen Richtungen in diesem Stück
zusammenzuführen versuche. Neben Amelungs freien Metrikmustern der
Einleitung und Briesens Inspiration für die tot-lebendige Verbindung
(die vielleicht in Zappas Jazz from Hell ihren Ursprung hat) fließen
wieder Jazzhphrasen und rhythmische Strukturen experimenteller
Electronica ein.
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